Barbara Leitner geht mit Pferd ihres Sohnes spazieren_isi-aktuell

Mein Herz klopft bis zum Hals

Als ich Gerrit Sager gestern gefragt habe, ob sie mehr aufgeregt ist, wenn sie selbst bei einem Turnier an den Start geht oder ihre Tochter Anna, was denkt ihr hat sie geantwortet 🙂 ? Wer sich die Antwort nicht denken kann, könnte sie morgen hier nachlesen!

Ich habe mir schon öfter Gedanken über die Rolle von Eltern beim Turnierreiten ihrer Kinder gemacht. Über die positiven, aber auch die negativen Seiten. Ich denke, die meisten Eltern, deren Kinder sich dem Turniersport verschrieben haben, werden sich einig sein – man fiebert mit seinem Kind mit, ist mit ihm traurig und glücklich und wünscht sich, dass der Nachwuchs mit der eigenen Leistung zufrieden ist.

Als ich Christian Leitner interviewt habe (hier), ist mir aufgefallen, dass er die Unterstützung seiner Mama sehr oft erwähnt hat. Wie wichtig sie ihm ist und wie sehr er dafür dankbar ist. Da dachte ich mir, ich rufe Barbara Leitner mal an. Wie es ihr wohl geht, wenn ihr Sohn bei der diesjährigen WM mitreitet? Wie kann sie ihn unterstützen und wie ist das Gefühl, wenn Christian in die Ovalbahn einreitet?

Barbara und Christian Leitner

miia: Barbara, hast du selbst Reiterfahrung?

Barbara: Ja, ich hatte als Kind einen Haflinger, mit dem ich an kleinen Springturnieren teilgenommen habe. Ich war als Kind und Jugendliche auch viel ausreiten, aber ich hab interessanterweise immer ein Ziel gebraucht. Ich wollte immer auf etwas hinarbeiten. Ich war nicht der Typ zum „Nur-Ausreiten“- Gehen. Mir war ein Ziel wichtig. Vielleicht habe ich diese Haltung ein bisschen auf Christian übertragen, ich weiß es nicht. Besonders viel Spaß haben mir die Geländeritte mit Sprüngen gemacht. Als ich älter wurde, habe ich dann ganz mit dem Reiten aufgehört und erst wieder begonnen, als Christian sich dieses Hobby ausgesucht hat. Er war acht Jahre alt, als er sein erstes Pferd bekommen hat.

miia: Reitest du jetzt wieder?

Barbara: Nein, nicht wirklich. Ich bin nur ein paar Mal auf Christians Pferd Rammur gesessen, hab das dann aber wieder gelassen. Ich möchte Christians Trainingspläne nicht durcheinander bringen. Das wird sich aber im Herbst ändern – da geht Rammur in Turnierpension und wird dann Mamas Pferd 🙂 .

miia: Was tust du eigentlich alles – so im Pferdealltag?

Barbara: Ich schaue drauf, dass alles läuft. Ich helfe mit, damit unsere Pferde gesund bleiben und Christian sein Hobby genießen kann. Meine Mithilfe hat sich natürlich im Laufe der Jahre verändert, Christian ist jetzt ein junger Erwachsener und macht viel selbst. Ich habe ihn aber über 10 Jahre lang immer von Graz nach Semriach gebracht. Jetzt fahre ich statt ihm, wenn er nicht kann. Ich putze die Pferde, kümmere mich um das Eindecken und alles, was dazu gehört. Meistens gehe ich eine Runde mit unserer Hündin Nala spazieren und da nehme ich immer gern ein Pferd mit. Ich lasse es dann grasen und ich genieße die Zeit. Jedes unserer Pferde hat übrigens eine eigene Schüsselfarbe und ich könnte nie den Stall verlassen, ohne noch einmal ausgemistet zu haben. So bin ich halt 🙂 .

Barbara Leitner geht spazieren mit Hund und Pferd

miia: Warum machst du das eigentlich?

Barbara: Weil ich es gern mache. Es ist mein Hobby, meine Entspannung, mein Loslassen. Ich kann gut abschalten, wenn ich unsere Pferde pflege. Ich vergesse immer das Handy, wenn ich im Stall bin.

Hündin Nala beim Turnier

miia: Bist du nervös, wenn du Christian beim Reiten in einem Bewerb zuschaust?

Barbara: Mein Herz klopft bis zum Hals. Ich bin in der Vorbereitung die ganze Zeit über bei ihm, beim Putzen, Satteln, Zäumen, ich hab immer Äpfel und Fliegenspray dabei. Wenn er niemand anderen bei sich hat, stehe ich beim Aufwärmen am Rand des Reitplatzes und gebe ihm die Zeit bekannt, die noch bis zum Start bleibt. Wenn er dann aber in die Ovalbahn einreitet, weiß ich, ich kann nichts mehr für ihn tun. Ich wünsche mir dann immer so sehr, dass er zufrieden raus geht aus dem Bewerb. Alles, was ich aber tun kann, ist Daumen halten.

Krummi schläft im Stallzelt

miia: Gäbe es den Turniersport in dem Ausmaß, wenn es keine Eltern gäbe, die so wie du mit ihrem Kind mit fiebern?

Barbara: Ich sage nein. Ohne Eltern wäre das nicht möglich. Überhaupt wenn die Kinder noch kleiner sind und du nicht gleich neben dem Stall wohnst. Man bringt die Kinder, holt sie wieder ab, oder bleibt gleich im Stall, wenn der Weg dazwischen zu weit ist. Unter der Woche bleibt meist weniger Zeit und nicht jede:r möchte sein/ihr gesamtes Wochenende dem Hobby des Kindes opfern. Nein, ohne Eltern geht es nicht. Es ist auch wichtig, dass ein Kind spürt, dass Eltern hinter ihm stehen und sowohl seine Freude, als auch seine Enttäuschung mit ihm teilen.

Christian Leitner reitet Krummi

miia: Ich beobachte, dass junge Erwachsene oft mit dem (Turnier-)Reiten aufhören. Woran denkst du liegt das?

Barbara: Naja, ich denke primär mal hast du in der Klasse der Jugendlichen und Young Rider auch als Amateur:in Chancen vorne mitzureiten. In der Allgemeinen Klasse ist das fast nicht mehr möglich. Und es liegt natürlich auch am finanziellen Aufwand, den viele Eltern irgendwann (verständlicherweise) nicht mehr tragen können oder wollen. Manchmal entwickeln sich aber auch die Biografien der jungen Erwachsenen anders. Partner:innenwahl, Familiengründung, Ortswechsel, Einstieg in die Arbeitswelt – da kann es viele Gründe geben. Ich finde es schade, wenn junge Erwachsene ganz mit dem Reiten aufhören, weil sie nicht mehr gewinnen können. Wenn ich dabei an meinen Sohn denke, würde er auch einen Großteil seiner Freunde verlieren, wenn er mit dem Reiten aufhören würde. Ein großer Teil seines Freundeskreises ist nun mal im Umfeld der Pferde zu finden. Ich bin der Meinung, dass das Reiten vor allen Dingen Spaß machen soll. Ein geselliges Zusammensein nach dem Reiten gehört einfach dazu und ist superwichtig. Manche sehen das leider nicht so oder dürfen so einen Zusammenhalt und Freundeskreis gar nicht erst erleben.

Freunde am Turnier

miia: Was wünscht du Christian für die WM?

Barbara: Mein größter und wichtigster Wunsch ist es, dass wir alle (Pferde und Menschen) wieder gesund und munter nachhause kommen. Und für Christians Turnierleistung wünsche ich ihm schlicht und einfach, dass er mit seiner Leistung zufrieden ist, egal was er erreicht.

miia: Danke, liebe Barbara für das fröhliche und spannende Interview!

Barbara: Sehr gerne.

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