„Da freuen wir uns den ganzen Winter lang auf den Sommer und wenn er dann da ist, finden wir ihn gar nicht so super“ – hab ich vor Kurzem bei uns im Stall aufgeschnappt. Am Ende des Sommers ist es mal Zeit, über den Pferdesommer zu philosophieren. Finde ich.
Warum sich so manch*e Islandpferdereiter*in, anders als viele andere Menschen, nicht ohne Vorbehalte über warme Sommerabende und die untergehende Sonne im Wald freut? Klingt ja eigentlich wunderbar: kurzärmelig reiten, nicht 10 Shirts und Pullover übereinandergeschichtet? Man denkt man freut sich und tut es dann nicht uneingeschränkt.
Denn – wenn andere ins kühle, türkise Swimmingpool springen oder im Garten grillen – wollen wir Pferdefreunde bei unseren Pferden sein. So sind wir halt (obwohl ich natürlich nicht für alle sprechen kann und darf).
Wir wollen mit den Pferden arbeiten. Das geht ab gewissen (leider immer extremeren) Temperaturen nur um 5h in der Früh. Oder vielleicht noch um 6h oder 7h. Danach ist es einfach zu heiß für unsere vierbeinigen Freunde. Wenn du es in der Früh nicht schaffst, lass es lieber bleiben – am Abend fressen dich die Bremsen auf. Wenn nicht dich, so dann doch zumindest dein Islandpferd, das dabei schon etwas ungehalten werden kann. Ständiges Mitgefühl und schlechtes Gewissen der Reiterin natürlich inklusive.
Das Sommerekzem hat möglichweise dein Pferd voll im Griff, mühsame Deckenan- und ausziehereien warten jedes Mal vor und nach dem Reiten. Cremen, Salben, Sprays … das Negativ-Highlight in meiner Sammlung: eine Fischcreme. Da ist echter Lebertran drin. Stinkt wie die Hölle, aaaaaber sie hemmt den Juckreiz beim Pferd. Hemmt allerdings auch die Freude meiner Mitmenschen, wenn ich vom Stall nachhause komme – merklich.
Warum ich den Sommer im Stall dennoch liebe? Weil es auch andere Seiten gibt. Das Schönste für mich sind die Weiden. Die großen, grünen, schon ein bisschen trockenen Sommerweiden. Eingesäumt von violetten und weißen Blumen, Bäumen, Sträuchern und Zäunen erstrecken sie sich bei uns (also dort, wo meine Pferde eingestellt sind) über hektargroße Flächen.
Ich liebe es im Stall zu sein, wenn die Pferde rausdürfen. Ich liebe es, mitzuhelfen, wenn sie rausgelassen werden. Ungeduldig stehen sie dann meist schon am Gatter. Oder sie verfolgen fleißig jenen Menschen, der in Richtung „Tor zum Grünen“ vorausgeht. Höflich sind sie. Sie haben das Warten gelernt. Wenn sie dann aber laufen dürfen – laufen sie. Manche schlendern auch – besonders mit fortschreitendem Sommer plus höher werdenden Temperaturen.
Die Ausgelassenheit dauert meist nur kurz. Schon bald senken sich die vorher hochaufgerichteten Köpfe, um für den Rest der täglichen Weidezeit im Gras zu verschwinden. Die Zeit scheint ein bisschen still zu stehen.
In diesen Momenten bleibe ich so gerne am Weg stehen und schaue ihnen zu. Es sind diese Momente. Diese Sommermomente. Diese stillen, friedlichen, wunderschönen Sommermomente, von denen ich im Winter oft träume. Bremsen, Fischcreme, Ekzemdecken – alles ist vergessen, wenn ich an diese Augenblicke denke.
Jetzt neigt er sich dem Ende zu – der Sommer. Die Weidesaison wird bald vorbei sein. Die Ekzemdecken werden bald gewaschen und eingewintert auf das nächste Frühjahr warten. Das Winterfell meiner Pferde zeigt sich. Das Grün der Weiden weicht einer Art Samtfarbe, die ich ganz besonders gern im Sonnenuntergang sehe. Die Weinreben rund um unser Gestüt tragen (fast möchte ich sagen plötzlich) dicke lila und grüne Trauben. Waren die gestern schon da?
Die Blätter werden sich schon bald verfärben. Bald wird die Weinlese beginnen. Es wird merklich kühler, vor allem am Abend. Ich kann und darf da jetzt natürlich wieder nicht für alle Islandpferdemenschen sprechen – aber ich persönlich liebe diese Zeit.
Kennt ihr dieses Gefühl?