Aus der Mitte

Heute Abend gibt es hier auf miia.at eine Eröffnung! Die Eröffnung der nigelnagelneuen monatlichen Kolumne „Aus der Mitte“ von Alexander Sgustav (internationaler Sportrichter und Sportreiter). Ich freue mich sehr über Xandls künftige Wortmeldungen zum Turniergeschehen aus Richtersicht und übergebe hiermit das Wort! Die Bilder zur heutigen Kolumne: (C) Nicole Heiling Photography

Ein Sportrichter hat die Aufgabe, jeden Reiter, egal welche Klasse, immer fair und nach dem Prinzip der Leitgedanken zu beurteilen. Alle sind gleich.

Dies versuche ich immer umzusetzen. Bei jedem Turnier, in jeder Klasse, bei jedem Ritt. Die Wertnote wird vom Reiter und vom Publikum wahrgenommen, diskutiert und auch beurteilt. Dieser Verantwortung stellt man sich an jedem Richttag. Doch ist dies die einzige Verantwortung als Richter?

Ich habe schon des Öfteren artikuliert, dass gute Reiter auch gute Richter sein können. Richten ist immer ein Stück weit subjektiv. Jeder bewertet auf Basis seiner reiterlichen Erfahrungen und Fähigkeiten (etwa in der Ausbildung von Pferd und Reiter sowie aus jahrelanger Richtertätigkeit). So kann es sein, dass Ritte auch, trotz Leitgedanken, unterschiedlich gesehen und bewertet werden.

Doch es ist nicht nur die Notengebung, die in der Verantwortung eines Richters liegt. Mit den Noten beeinflussen wir auch die Ausbildung in eine bestimmte Richtung. Wenn zum Beispiel strampelnde Pferde, die im Rücken festgehalten sind und mit nicht korrekter Hinterhand und Oberlinie im Tölt kaum übertreten, hohe Noten bekommen, ist das für mich nicht der korrekte Weg. Wir können die Richtung als „Sachverständige“ beeinflussen, können auch Ausbildungstipps geben, sind aber nicht in der Funktion als Reitlehrer oder Ausbilder am Richtertisch tätig. Das ist wichtig und für mich ein Grundprinzip beim Richten.

Ich schreibe oft Kommentare zu den Wertnoten, aber diese ersetzen nicht die Richtlinien oder guten Unterricht. Trotzdem beeinflusst man mit seiner Notengebung auch die Ausbildung. Dieser Verantwortung muss man sich als Richter bewusst sein, deshalb ist auch nicht nur die Ausbildung für Richter das wichtigste Gebot, sondern auch am Puls der Zeit zu bleiben, Trainings zu beobachten, aber vor allem reden und diskutieren. Kommunikation ist Alles!

Gerade in der Zeit des „neuen Reitens“ ist Kommunikation so wichtig. Oft ist der Blick über den Tellerrand wichtig, neue Wege zu gehen ist nicht verboten, sondern sogar erwünscht. Wenn man sich nun eine Tölt- oder 5-Gang Prüfung von vor 10 Jahren betrachtet und mit heute vergleicht, dann weiß man, wie sehr man als Richter seine Verantwortung wahrnehmen muss.

Ich kann mich noch erinnern, als wir bei der WM in Berlin 2013 das erste Mal nach neuen Leitgedanken gerichtet haben. Dies hat für teils heftige Diskussionen mit Reitern und Trainern gesorgt. Doch es hat uns auch ein großes Stück weitergebracht, wie ich finde. Die Richtlinien sagen in ihrer Einleitung: „ … das wichtigste Kriterium beim Richten muss die Harmonie zwischen Pferd und Reiter sein …“.

Wenn man nun die oben erwähnten Bilder miteinander vergleicht, dann denke ich, dass wir auf einem guten und richtigen Weg sind. Doch der Weg ist noch lange nicht zu Ende. Deshalb ist für mich als Richter nicht nur Fairness oder Korrektheit eine Grundvoraussetzung, sondern vor allem Respekt und Vertrauen. Jede Meinung zählt, jeder Blick ist wichtig, jede Note beeinflusst unseren Sport. Kommunikation ist alles!!

„Ein Vakuum, geschaffen durch fehlende Kommunikation, füllt sich in kürzester Zeit mit falscher Darstellung, Gerüchten, Geschwätz und Gift.“ (Cyril Northcote Parkinson)

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