Im größten Klassenzimmer der Welt

Wir wollen in Island Menschen treffen und Orte sehen, die wir mit Islandpferden verbinden. Orte, die etwas mit unserem Hobby zu tun haben. Menschen, von denen wir etwas lernen können. Das haben wir uns überlegt, als wir uns unsere gemeinsame Reise erträumt haben. Nicole und ich.

Ein Ort, den wir unbedingt sehen wollten, war die Universität in Hólar. Ich hab schon so viel von dieser Ausbildungsstätte für Islandpferde – ExpertInnen gehört, dass ich gerne mal gesehen hätte, was denn dort so passiert. Wie sieht die Universität denn aus? Was passiert? Wer sind die Studierenden? Was lernen sie? Wie kann man denn dort eine Platz bekommen?

Nachdem wir uns von Barbara Wenzl verabschiedet haben, machen wir uns auf den Weg nach Hólar, ins Tal hinein, die Straße verschneit, das Licht einzigartig. Du erkennst den Ort Hólar sofort an seiner Kirche, bis heute ist es ein Bischofssitz.

Hólar

Als wir uns dem Schulgebäude nähern, sehen wir Studenten, die miteinander ins Gespräch vertieft zum Eingang eilen. Du merkst gleich, dass es sich hier um eine eigene Welt handelt, in der es Themen gibt, die sonst wohl nirgendwo in dieser Intensität unter Studierenden besprochen werden. Es ist ein besonderer Ort. In dieser Schule befindet sich nicht nur das „Department of Equine Science“, das uns besonders interessiert, sondern auch ein Department für „Rural Tourism“ und eines für „Aquaculture und Fish Biology“. Im Eingangsbereich der Schule bemerkst du aber sofort, dass sich unter den Studenten viele Reiter befinden.

Ja, die Stallschuhe werden ausgezogen in dieser Schule, die insgesamt sehr sauber und gepflegt wirkt. Wir sehen Studenten in einem Aufenthaltsraum sitzen, sie lachen und diskutieren miteinander. Ich bin sicher, es geht einzig und allein um Pferde. Das bestätigt mir auch Sveinn Ragnarsson, der Direktor des Departments of Equine Studies, der uns gut gelaunt vom Eingang abholt und in die Bibliothek der Schule führt.

„Versuche mal, mit unseren Studenten über Make-Up, Fahrräder oder andere Themen als Pferde zu sprechen, du wirst keine Chance haben“, lacht er und zeigt uns die Lehrbücher, die allesamt den Studenten in der Bibliothek zur Verfügung stehen. Manche Lehrwerke sind alt, sie werden nicht mehr produziert. Den Zugang zu den alten Weisheiten möchte die Schule erhalten.

60 Studenten und Studentinnen gibt es hier in Hólar im Department of Equine Studies insgesamt, jedes Jahr werden 20 neue aufgenommen, die bis zu 3 Jahre in dieser Schule bleiben. Sie lernen alles von der Pike auf, Theorie und Praxis sind gut aufeinander abgestimmt. Im 2. Jahr reiten die Studenten übrigens am allermeisten, da lernen sie nämlich, junge, völlig rohe Pferde einzureiten und mit ihnen zu arbeiten. Eine mitunter nicht ungefährliche Arbeit, die von Experten begleitet wird. Züchter bringen ihre Pferde gerne zu diesem Zweck nach Hólar, die Wartelisten sind lang. Man weiß, dass die Pferde langsam und in aller Qualität an den Menschen gewöhnt werden und das hat einen großen Wert für die Personen, die ihre Pferde zu den Studenten nach Hólar bringen.

Fotografieren verboten

Der Besuch dieser Schule kostet übrigens nicht mehr, als der Besuch jeder anderen staatlichen Universität in Island. Aber einfach ist es trotzdem nicht, dort aufgenommen zu werden, musst du doch deine Riding Skills bei einem Aufnahmetest zeigen. Ein eigenes, geeignetes Pferd musst du auch mitbringen, das ist natürlich insbesondere für Studenten aus dem Ausland eine besondere Herausforderung. Die Anforderungen an die Reiter sind während der ganzen Ausbildung sehr unterschiedlich, du musst dein Talent auf vielfältige Weise zeigen können.

Nicht alle Studenten, die hier in die Kunst der isländischen Pferdekunde eingeweiht werden, kommen aus Island, andere Nationalitäten sind immer willkommen in Hólar. Einen isländischen Sprachtest muss man aber am Anfang absolvieren, in dem man zeigt, dass man Basics der isländischen Sprache kennt. Den Rest lernt man im Internat, wenn Studenten aus aller Welt miteinander leben, lernen und diskutieren, ganz von alleine.

Nachdem wir viel über die Ausbildung der Studenten gehört haben, verlassen wir das Gebäude und Sveinn sperrt für uns ein kleines Museum auf, in dem die Geschichte des Islandpferdes gezeigt wird. Er zeigt uns die wichtigsten Pferde der Zuchtgeschichte, die auf Tafeln in dem Museum zu sehen sind.

Danach setzen wir uns in Sveinns Auto und fahren gemeinsam in das größte Klassenzimmer der Welt. 18.000 Hektar Land gehören zur Schule, bis nach hinten ins Tal haben die Pferde die Möglichkeit, ihren Auslauf zu genießen. Eine riesengroße Reitanlage, Reithallen, große Stallungen und viel, viel Platz. Das ist es, was wir zu sehen bekommen. Wir betreten den größten Stall der Anlage. Du würdest nicht glauben, wie viele Pferde hier leben, wenn du die Stille erlebst und die Sauberkeit dieses Ortes siehst.

Das Zeichen der Hólar-Pferde

180 Pferde leben hier, in 2 großen Trakten warten sie auf ihre Reiter. Die Schulpferde, die Sveinn liebevolle als seine Co-Worker bezeichnet, die zu bereitenden Jungpferde und die Pferde der Studenten selbst sind in den riesengroßen Stallungen untergebracht.

Wenn du durch die Gänge spazierst, siehst du hie und da Studenten, die ihre Pferde versorgen. Am Ende der Stallungen finden wir eine kleine Reithalle, in der gerade 3 Studenten mit 2 Lehrenden mit je einem Jungpferd arbeiten. Andere Studenten sehen dabei zu und warten darauf, dass sie an der Reihe sind. Ich unterhalte mich mit ihnen. Eine Studentin kommt aus Norwegen, ein Student aus den Niederlanden, die anderen sind Isländer. Alle sind begeistert von dem, was hier in dieser Schule passiert.

Nachdem wir eine Zeit lang zugeschaut haben, spazieren wir weiter. Wir sehen einen anderen Stall, und kommen dann zur zweitältesten Reithalle Islands. Die Pferde fühlen sich in dieser alten Holzhalle besonders wohl, woran das genau liegt, vermag Sveinn auch nicht zu sagen.

Wir schlendern weiter zu einer weiteren Reithalle, sie ist moderner, größer. Eine Lehrerin unterrichtet gerade 2 Schülerinnen, Headsets und Monitore gehören zur Grundausstattung.

Nachher haben wir noch die Gelegenheit, gemeinsam mit Sveinn die riesengroße Außenreitanlage anzuschauen. Die Anlage ist mit allem ausgerüstet, was du dir vorstellen kannst. 2016 hat das Landsmót hier stattgefunden.

Nachdem wir alles gesehen haben, fahren wir mit Sveinn wieder zurück zum Hauptgebäude der Schule. Ein Selfie probieren wir auch noch, das bleibt aber unter Verschluss 🙂 !

Es waren wunderbare Stunden, die wir mit Sveinn verbringen durften. Danke, danke, danke Sveinn für deine Zeit, die du uns geschenkt hast. Für die vielen Erklärungen. Für die vielen Eindrücke, die wir bekommen durften.

Dieser Ort ist wirklich ein ganz besonderer Islandpferdeort. Es ist so schön, dass ich die Möglichkeit hatte, ihn zu sehen.

ps.: Die Szenen dieses Beitrags wurden allesamt von the one and only Nicole Heiling fotografiert.

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