Wann auch immer und wo auch immer ich Patrick Zrnjevic bisher begegnet bin – jedes Mal hat er mich zum Lachen gebracht. Österreichs neuer, junger PI-A Richter scheint immer gut aufgelegt zu sein, seine Instagram – Seite wird unter den Jugendlichen mittlerweile als „Kult“ bezeichnet, weil sie so lustig ist. Angenehm, unkompliziert und fröhlich erscheint Patrick. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass er sich sehr viele Gedanken über Pferde, Reiter, seine Reitschüler und seine neue Aufgabe als Richter macht. Und genau darüber wollte ich mit ihm sprechen. Gestern habe ich lange mit ihm telefoniert und was Patrick mir verraten hat, das könnt ihr hier lesen:
miia: Patrick, warum wolltest du überhaupt Richter werden?
Patrick: Das ist eine gute Frage. Eigentlich hatte die Idee dazu gar nicht ich. Wenn ich darüber nachdenke, dann war es Gerhard Ledl, der diesen Stein ins Rollen gebracht hat. Er hat gemeint, ich hätte ein gutes Auge für das Richten. Ich war anfangs skeptisch und wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte. Dann habe ich mich aber dazu entschlossen, die Richterausbildung zu machen, weil es doch für mich als Reiter, aber natürlich auch als Reitlehrer sehr interessant ist. Naja, und dann haben Solveig und Usi mir auch noch gut zugeredet. Und so ist das alles entstanden …
miia: Wie war denn dein Werdegang als Richter?
Patrick: Begonnen hat alles 2017, als ich zum ersten Mal Richterschreiber bei der NÖM war. 2018 habe ich dann bei jedem Turnier geschrieben, bei dem es mir möglich war. Das waren insgesamt 22 Turniertage auf Worldrankingturnieren, 4 Cupturniere und 1 Sonderprüfung. Ich wurde von den Richtern, bei denen ich geschrieben habe, meist gut einbezogen. Ich konnte mit ihnen über die Noten sprechen und diskutieren und ich habe begonnen, ein Auge dafür zu entwickeln, was mir gefällt und was nicht. Was stört. Was besonders gut ist. Ich habe auch gemerkt, dass es Pferde gab, bei denen ich mir schwerer getan habe, als bei anderen. Da hab ich mir dann oft Videos angeschaut, um herauszufinden, warum ich bei diesem oder jenem mehr Probleme habe, als bei anderen. Ich habe dann mit anderen darüber geredet und viel analysiert, um mich weiterzuentwickeln.
Wenn ich es mir aussuchen konnte, habe ich bei internationalen, auswärtigen Richtern geschrieben, aus Deutschland beispielsweise oder der Schweiz, weil sie die Pferde nicht oder nur wenig gekannt haben, die da in der Ovalbahn waren. Neben dem vielen Schreiben musste ich natürlich auch theoretische Kurse besuchen.
miia: Was sind die größten Herausforderungen für dich beim Richten?
Patrick: Das ist eindeutig das Umstellen vom Trainermodus auf den Richtermodus. Als Trainer siehst du einen Fehler, überlegst aber in der Minute, ob dieser sofort ausgebessert werden soll, oder ob er später korrigiert werden kann, weil es vorher vielleicht noch ein anderes Problem zu lösen gibt. Du kannst abwägen und gut überlegen, was denn das Beste für deinen Schüler in der jeweiligen Minute ist. Als Richter kannst du dir diese Gedanken nicht leisten. Du bist da, um eine Prüfung zu bewerten. Um diesen einen Moment zu benoten, den du jetzt gerade siehst. Das ist manchmal schwierig, weil du vielleicht den Menschen gut kennst. Das Pferd gut kennst. Und weißt, was die beiden sonst so zusammenbringen. Wenn sie es aber in diesen wenigen Minuten der Prüfung nicht zeigen, kannst du ihnen keine Bestnoten geben! Was wiegt, das hat`s.
miia: Was macht am allermeisten Spaß?
Patrick: Den allergrößten Spaß hab ich bei Siegerehrungen und Ehrenrunden. Echt, ich gehe immer am liebsten zu den Siegerehrungen, um den Reitern zu gratulieren. Das ist doch der beste Moment! Vor allem für Kinder. Ich habe aber auch echt eine Freude, wenn ich Jugendliche in der Bahn sehe, die schön reiten, die sich was trauen, die gut vorwärts reiten. Und ja, gute Pferde in der Bahn zu sehen, ist natürlich auch besonders fein.
miia: Kannst du gut Kopfrechnen?
Patrick: Ja, ich habe lange Erfahrung in der Gastronomie. Ich merke mir gut Zahlenreihen. Beim Richten schau ich mir die Einzelnoten an und weiß schon das Endergebnis, einfach, weil ich mir diese Reihen gut merken kann. Da brauch ich keinen Taschenrechner 🙂 !
miia: Manchmal hört man, dass Richtern eine gewisse Befangenheit nachgesagt wird, dass sie sich von großen Reiternamen oder dem Ruf von tollen Pferden beeinflussen lassen. Wie gehst du damit um?
Patrick: Ich habe mich in den letzten 2 Jahren sehr verändert, wenn es um diese Fragen geht. Als Richter freut man sich darauf, wenn man weiß, jetzt kommt ein berühmtes Pferd in die Bahn. Man ist vielleicht sogar ein bisschen aufgeregt. Aber man muss dann warten, bis das Pferd tatsächlich in der Bahn ist. Das, was du in diesem Augenblick in der Bahn siehst, zählt. Es ist auch bei tollen Pferden nicht immer alles perfekt. Das lernt man mit der Zeit. Den Trainermodus auszuschalten und reell zu bewerten, was vor deinen Augen ist. Vorurteile in die eine oder andere Richtung gibt es bei mir nicht.
miia: Wie bleibt man als Richter eigentlich den ganzen Tag lang konzentriert?
Patrick: Wenn ich merke, meine Konzentration beginnt zu schwinden, dann beginne ich, die Abläufe und Bewertungskriterien laut vor mich herzusagen. Ich sage mir vor, worauf ich schauen muss. Das hilft mir gewaltig bei der Konzentration.
miia: Wie siehst du denn als Richter deine Rolle/Bedeutung bei der (Weiter-) Entwicklung von jungen Reitern?
Patrick: Ich denke, die jungen Reiter weiterzuentwickeln ist Sache der Trainer und Reitlehrer. Ich glaube, dass Trainer manchmal leider ein falsches Bild von den Leitgedanken haben, nach denen wir richten und bewerten müssen. Was ich dennoch dazu beitragen kann: ich quatsche gern mit allen Reitern über ihre Noten. Wenn sie etwas wissen wollen, sollen sie auf jeden Fall in einer Pause zu mir kommen und mich fragen, ich erkläre gerne, warum ich diese oder jene Note gegeben habe. Ich bin als Turnierreiter selber immer zum Richter gegangen, der mir die niedrigste Note gegeben hat. Ich wollte immer von ihm oder ihr wissen, warum ich so eine niedrige Note bekommen habe. Zum Richter mit der höchsten Bewertung bin ich nie gegangen 🙂 ! Aber dennoch: Die Weiterentwicklung der jungen Reiter ist die Hausaufgabe der Trainer.
miia: Wenn du es dir aussuchen könntest: was sollen denn die Leute über den „Richter Patrick“ sagen?
Patrick: Ich möchte, dass die Menschen sagen, dass ich ein Richter bin, der nach bestem Wissen und Gewissen richtet. Dass ich den Moment bewerte, den ich sehe und sonst nichts. Dass ich Gutes mit guten Noten belohne und die Reiter, bei denen es mal nicht so gut läuft, sagen, ja, passt, diese niedrigen Noten habe ich dieses Mal verdient.
miia: So und jetzt noch zur letzten Frage: Was wünscht du dir für deine richterliche Zukunft?
Patrick: Ich wünsche mir ganz viele schöne Turniere, ich möchte gerne auch viele Abzeichen abnehmen, das macht mir ganz besonders viel Spaß. Aber ich hoffe natürlich auch auf einige Auslandseinsätze, um meinen eigenen Horizont zu erweitern.
miia: Danke, Patrick, für dieses Interview!
Patrick: Sehr gerne 🙂 !