Mein Pferd im (Tief)Schnee

Ist ja nicht so ohne der Schnee in manchen Teilen unseres Landes, wie man so hört … Bilder sehe ich da auf Facebook & Co … Bilder, ich sag euch, Wahnsinn. Pferde, die bis zum Bauch im Schnee stehen, Reiter auf dem Rücken oder nicht … muss man da eigentlich etwas bedenken? Wenn man mit seinem Pferd im (Tief)Schnee unterwegs ist?

Ich dachte mir, ich frag gleich mal eine Person, die es wissen muss. Lilo Pritz, Tierärztin und Pferdespezialistin aus der Steiermark. Was hat es denn so auf sich mit unseren Pferden im Schnee?

Foto Madeleine Weiss/Judith Srb

miia: Mögen Islandpferde eigentlich Schnee?

Lilo: Die meisten Pferde, nicht nur Isländer, fühlen sich im Winter sehr wohl und da gehört der Schnee natürlich dazu. Wie kleine Kinder lieben sie es, durch den Schnee zu tollen! Die Temperaturen, bei denen wir frösteln, sind für Pferde die Angenehmsten. Man sagt um 5 Grad ist die Idealtemperatur für unsere vierbeinigen Freunde, wobei die Komfortzone zwischen -15 bis +25 Grad liegt.

miia: Was muss ich beachten, wenn ich mit meinem Pferd im Schnee ausreiten gehe? Können Grip helfen? Was mache ich, wenn mein Pferd „aufstöckelt“?

Lilo: Gegens Stöckeln sind Hufgrip das Einzige, was helfen kann. Da kommt es dann sehr stark auf den Schnee an. Bei zu warmen Temperaturen und eher nassem Schnee ist die Gefahr des Stöckelns sehr groß. Allerdings gibt es Pferde, die mit Stöckeln sehr gut zu recht kommen. Andere stolpern fürchterlich. Da muss man sich auch sehr stark nach dem Pferd richten. Aber das Stöckeln ist nicht das einzige Problem beim winterlichen Ausritt: man muss sich immer dessen bewusst sein, was unter dem Schnee ist. Harte, fest gefrorene Oberflächen können sehr rutschig werden und natürlich kann sich unterm Schnee auch eine Eisplatte verbergen. Da helfen meistens nur Stollen, um da starkes Rutschen zu verhindern, der klassische Winterbeschlag also.

Hat das Pferd keine entsprechende Ausrüstung, sollte man bei extremen Bedingungen lieber nicht ausreiten gehen, da die Verletzungsgefahr zu groß wird. Pferde, die unbeschlagen sind, haben meistens großartige Möglichkeiten auf Schnee und Eis problemlos zu laufen! Diese Trittsicherheit können wir oft nicht mit Eisen nachbauen!

Foto: Madeleine Weiss/Judith Srb

miia: Ist das Gehen im Schnee anstrengender für mein Pferd? Darf es schwitzen?

Lilo: Das Reiten/Gehen im Tiefschnee oder auf rutschigen Flächen ist fürs Pferd anstrengender als auf „normalem“ Boden. Es fordert mehr Kraft und Konzentration. Es spricht nichts dagegen, ein Pferd schwitzend zu reiten. Man muss nur wissen, wie man danach damit umgeht!

miia: Was mache ich, wenn mein Pferd stark verschwitzt ist nach dem Reiten?

Lilo: Das richtet sich auch stark nach dem Individuum. Wenn Pferde gewohnt sind, schwitzend auf die Koppel zu kommen, egal bei welcher Witterung, dann kann man das problemlos machen. Wenn du dein Pferd allerdings immer mit einer Abschwitzdecke zudeckst, dann solltest du das so beibehalten. Es ist oft schwierig das umzustellen!

Foto: VI photography

miia: Darf mein Pferd sich im Schnee „wutzeln“?

Lilo: Dein Pferd darf sich im Schnee wälzen, soviel es gerne möchte!

miia: Braucht mein Pferd generell jetzt, im tiefsten Winter, mehr Futter als sonst? Kann man das sagen?

Lilo: Pferde die, wie die meisten Isländer, sehr extensiv gehalten werden, brauchen deutlich mehr Energie bei kalter Winterluft! Aber wenn wir uns ehrlich sind, gibt es wenig Pferde, denen es schadet, das eine oder andere Kilo an die Witterung zu verlieren. Wenn ein Pferd eher dünn ist, muss es natürlich mehr gefüttert werden, um nicht in einen negativen Energiehaushalt zu kommen. Da ist mehr Raufutter (Heu/Heulage) der ideale Heizstoff 😉 . Wenn aber schon 24 Stunden Rauhfutter geboten ist, dann auch Kraftfutter dazufüttern.

miia: Ist es gut, das Pferd im Schnee zu longieren und/oder laufen zu lassen?

Lilo: Beim Longieren oder Laufenlassen im Schnee gilt die gleiche Regel wie sonst auch immer: die Bodenverhältnisse müssen passen – wenn mein Pferd noch einen alten Beschlag ohne Stollen und Grip hat und am Weg zum Reitplatz schon furchtbar rutscht, wird es wohl besser sein es zu lassen! Wenn der Boden gut griffig ist, spricht nichts dagegen. Meistens haben die Pferde große Freude beim Laufen im Schnee. Geht der Tiefschnee bis zum Bauch, wird der Spaß nur kurz sein und die Belastung für den Bewegungsapparat wahrscheinlich schnell zu groß.

Foto: Madeleine Weiss/Judith Srb

Lilo: … und noch etwas: Pferde fressen gern Schnee, schon wieder wie die kleinen Kinder, und Hunde … leider vertragen nicht alle diese Rationsergänzung ganz hervorragend. Also nicht erschrecken, wenn im Schnee der Haufen dann ein wenig nach Kuhflade aussieht und falls es nicht von selbst besser wird, vielleicht auch mal den Tierarzt konsultieren!

miia: Tausend Dank, liebe Lilo, für dieses interessante, winterliche Tiefschneeinterview 🙂 !

Und ein ganz großes Dankeschön an Madeleine Weiss für die wunderschönen Fotos vom unglaublichen Stormur frá Djúpárbakka im Reitstall Wolfsgraben. Und ebenso ein riesiges Dankeschön an Irene Pritzl von VI photography für das tolle, frostige Bild von der 2015 geborenen þokkadís vom Eddashof.

ps.: Bitte (trotz wunderschöner Bilder) immer mit Helm reiten, auch im Schnee … nicht vergessen … er kann euer Leben retten!

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