Sein neues Zuhause

Rainer Zitterbart hat ein neues Zuhause gefunden. Und mit ihm all seine Vereinsmitglieder, die für den pensionierten Pädagogen eine richtige Familie geworden sind. Einige von ihnen haben er und seine Frau „Oni“ mit den Pferden aufwachsen gesehen und ein Leben lang begleitet. Gemeinsam haben die beiden nämlich in den vergangenen Jahrzehnten ihre Leidenschaft für die Islandpferde und die Arbeit damit geteilt.  

Foto Sandra Tögel Fotografie

Und nun haben eben diese Vereinsmitglieder die Familie Zitterbart begleitet und sind mit ihr umgezogen. Vom alten Stall in einen neuen in Breitenfurt. Ich habe den alten Stall nie gesehen, umso mehr hat es mich natürlich interessiert, das neue Zuhause des Vereins Islandpferde Wienerwald kennenzulernen.

Gestern war es so weit.

Als ich ankomme, liegt eine dicke, weiße Schneedecke über dem großen Areal, das ungefähr 20 Hektar groß und von der Wiener Stadtgrenze nur einen Katzensprung entfernt ist.

Schneeflocken schweben vom Himmel, leise ist es hier und ruhig. Ich parke mein Auto und treffe am Parkplatz die junge Fotografin Sandra Tögel, die mich bei diesem Besuch begleitet und der ich dafür sehr, sehr dankbar bin.

Gemeinsam stapfen wir los in Richtung der Gebäude, die vor uns liegen. 

Foto Sandra Tögel Fotografie

Wer Rainer kennt, erkennt ihn sofort. Markenzeichen Hut sage ich nur. Rainer kommt vom Haus aus auf uns zu und wir begrüßen einander. Ich freue mich, ihn mal abseits der Turniere zu sehen, bei denen er des Öfteren als Richter anzutreffen ist. Ich freue mich, mal Zeit zu haben, mich länger mit dem erfahrenen Islandpferdemenschen zu unterhalten. 

Foto Sandra Tögel Fotografie

Wir stehen vor einem neu gebauten Haus mit farbigem Anstrich und ich kann die vielen zufriedenen Islandpferde schon links von mir im Stall erspähen. Bevor ich jedoch auf sie zugehen kann, kommt die junge, lächelnde Nadine Schneiberg aus dem Haus, bald schon gefolgt von ihrem Mann Hannes.

Foto Sandra Tögel Fotografie

Wir stehen da also zwischen Haus und Stall und ich erfahre eine Menge über eine wunderbare Fügung des Schicksals. Da war nämlich ein Verein mit vielen Mitgliedern, der ein neues Zuhause gesucht hat und ein Ehepaar, das als absolutes Experten – Team im Hinblick auf Pferdehaltung zu bezeichnen ist, das sich Islandpferden und deren Aufzucht widmet und nun aufgrund einer Gesetzesänderung auch Einsteller beheimaten darf. Nota bene: mit einem riesengroßen Stück Land dazu.

Es schneit immer dichtere Flocken. Aber in diesem Moment ist uns das allen egal. Als ich die Geschichte höre, sind so viel Freude und Enthusiasmus zu spüren, dass die Kälte zur Nebensache wird.

Foto Sandra Tögel Fotografie

Ich erfahre, dass der Ort, an dem wir uns befinden, das Gestüt „Tiroler Hütte“ genannt wird. Es existiert seit vielen, vielen Jahren und wurde damals von Hannes Vater, einem zu Lebzeiten sehr bekannten Züchter von Trabrennpferden und Shetlandponies mit einer Liebe zu Windhunden gegründet. Mit dieser Pferde, – und Zuchtleidenschaft sind Hannes und seine Geschwister aufgewachsen und Hannes führt nun gemeinsam mit seiner Frau Nadine dieses Gestüt weiter. 

Nur, dass es heute keine Trabrennpferde mehr gibt. Auch Shetland Ponies wirst du dort vergeblich suchen. Isländer bevölkern nun den Hof, Nadine ist nämlich von den großen Rennpferden (mit denen sie an vielen Rennen erfolgreich teilgenommen hat) auf die kleineren Vier- bis Fünfgänger umgestiegen. Und das übrigens mit Leidenschaft und riesengroßem Pferdeverstand.

Foto Sandra Tögel Fotografie

Oft hat sie im ehemaligen Stall von Rainer und Oni an Kursen teilgenommen, ist also einfach mit Pferd zu ihnen gefahren. Daher war sie auch für Rainer und Onis Vereinsmitglieder keine Unbekannte. Als klar wurde, dass Rainer seinen Stall aus gesundheitlichen Gründen aufgeben würde, dachte man nach und fand, dass es eine wunderbare Kombination wäre: Ein moderner Stall mit unglaublich viel Hektar Land gleich am Wiener Stadtrand, einem schier unbegrenzten Ausreitgelände, Wiesen und Wäldern, die ein bisschen so aussehen, als wärst du in Tirol gepaart mit dem riesengroßen Islandpferde – Know – How von Rainer Zitterbart und Ehefrau Oni. Eine sensationelle Idee, wie man fand. Die Chemie stimmte zwischen den Pferdemenschen auch  – was könnte also schief gehen?

Nur – der Stall war zu diesem Zeitpunkt noch nicht neu und modern. Die Gebäude waren alt, Wasser war eingedrungen, es gab nur Boxen, keine Offenställe. Keine Ovalbahn, kein Roundpen für die Jungpferde. Nadine hat mir viele alte Bilder gezeigt, du würdest das Gelände heute nicht mehr wiedererkennen. 

Wie sah es vorher aus? Foto Sandra Tögel Fotografie

Denn als klar wurde, dass man den Verein der Islandpferde Wienerwald ins Gestüt Tiroler Hütte übersiedeln würde, wurden in absoluter Rekordzeit Mauern umgeschmissen, Ställe umgestaltet und ein neuer Offenstall gebaut. Die 250m Ovalbahn ist noch nicht ganz fertig, aber erkennen kann man sie unter der Schneedecke schon. Ein Viereck in ihrer Mitte. Und auch die Umrisse des Roundpens sind schon sichtbar. 

Umrisse sind erkennbar_Foto Sandra Tögel Fotografie

Die beiden Mini – Schweine Alma und Lotta, die in Rainers altem Stall ein lebenslanges Platzerl gefunden hatten, sind übrigens auch mitgekommen. 

Foto Sandra Tögel Fotografie

Nachdem ich nun so viel gehört habe, betreten wir den Stall, der eigentlich ein langer Gang ist mit Heu in der Mitte. Rechts die Stuten, links die Wallache, sie alle dürfen ihr Heu im Trockenen genießen und jederzeit wieder nach hinten weggehen und sich im Freien bewegen, von wo aus sie Zugang zu großen Winter – Weiden haben.

Foto Sandra Tögel Fotografie

Wie wir da so durch den langen Gang spazieren, rechts und links die zufrieden fressenden Tiere, kann ich mich gar nicht satt sehen an den vielen Pferdeköpfen in allen Farben. Rainer weiß jeden einzelnen Namen und erzählt mir Geschichten zu jedem einzelnen Pferd. 

Foto Sandra Tögel Fotografie

Rainer und seine Frau besitzen übrigens noch 4 Pensionistenpferde, die sie zu sich nach Hause geholt haben. Die Familie lebt nämlich nun in der Nähe des Stalles in einem Haus und hat dort ihren alten, treuen vierbeinigen Lebensfreunden im Alter von 26 bis 37 Jahren ein neues Zuhause geschaffen. 

Schulbetrieb gibt es keinen im Gestüt Tiroler Hütte. Einstellplätze zur Zeit leider auch keine. Alle Vereinsmitglieder von Rainer sind nämlich mit ihm übersiedelt. Hannes und Nadine gewöhnen sich erfolgreich an ein Leben mit so einer großen neuen Gemeinschaft. Rainer unterrichtet, betreut die Einsteller und kümmert sich um alle Vereins-Belange, Nadine und Ehemann Hannes kümmern sich um den Betrieb. 

Sandra Tögel Fotografie

Wir verbringen mehr als zwei Stunden miteinander, trinken einen Kaffee im neu gebauten Stüberl mit einem großen weihnachtlich geschmückten Tisch in der Mitte. Ursprünglich waren hier einmal zwei Boxen für Trabrennpferde. Das kann man noch an den Fenstern erkennen. Ich darf die neue Sattelkammer sehen, die noch mit den originalen Deckenbögen aus Ziegelsteinen geschmückt ist. Wir spazieren über die winterliche Ovalbahn und sehen wie riesengroß das gesamte Gelände ist. Wir staunen über die verschneite Weiden, weite Flächen, die im Sommer von den Pferden benützt werden können. 

Foto Sandra Tögel Fotografie

Als Sandra und ich uns wieder auf den Weg zu unseren Autos machen,  beschließen wir, im Sommer wieder zu kommen. Es muss ein Traum sein, wenn die Schneedecke weg ist und Blüten und grünes Gras diese „Tiroler  Landschaft“ übersähen. Ein bisschen Islandpferdefeeling in Tirol … und das direkt vor den Toren Wiens.

Danke Rainer, Nadine und Hannes für eure Zeit, eure Gastfreundschaft und eure Geschichte. Bei so viel Freude und Leidenschaft kann einer erfolgreichen gemeinsamen Zukunft einfach nichts im Wege stehen. Ich wünsche euch und all euren Einstellern frohe Weihnachten!  

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