Es war im März diesen Jahres. Ich bin für einen Artikel, den ich für die Zeitschrift iiö schreiben wollte, mit dem Zug nach St. Pölten gefahren. Ich hatte vor, dort eine junge Frau zu treffen, von der ich schon viel gehört hatte. Sie sei ein Pferdemensch durch und durch. Eine Definition für das Wort „Pferdemensch“ habe ich noch nicht gefunden – also, denke ich mir, je mehr Menschen ich kennenlernen darf, über die man so etwas sagt, desto besser. Ein paar Auszüge aus dem Interview möchte ich euch hier nicht vorenthalten. Für die „Long Version“ müsstet ihr dann aber einen Blick in die neueste iiö werfen 🙂 .
Ich treffe Babsi Fischerauer in einer Pizzeria am Hauptplatz von St. Pölten. Bei Pizza und einem Glaserl Wein frag ich sie gleich einmal wie Islandpferde und sie denn überhaupt zusammengefunden haben.
Babsi erzählt von ihrer Kindheit und Jugend am Islandpferdehof Geierkogel ganz in der Nähe von Graz. Ein „pferdenarrisches“ Mädel sei sie gewesen. „Zu reiten begonnen habe ich als kleines Kind am Islandpferdehof Geierkogel bei Familie Pucher. Ich habe in der Nähe gewohnt und meine ganze Kindheit dort verbracht. Ich durfte viele Pferde reiten und vieles mit ihnen machen. Mit 11 Jahren habe ich dann mein erstes eigenes Pferd bekommen, eine Stute mit Namen Dekkja. Mit ihr habe ich dann begonnen, Turniere zu reiten. Die Jahre vergingen und Pferde kamen dazu und irgendwann hatten wir dann plötzlich 5 Pferde am Geierkogel eingestellt.“ (…)
Was dann dazu führte, dass Babsis Eltern einen kleinen Hof, eine Landwirtschaft gekauft haben, den sie kurz darauf der mittlerweile erwachsenen Babsi und ihrem Mann Markus geschenkt haben. (…)
In weiterer Folge sei sie bei vielen Turnieren gestartet und das durchwegs erfolgreich. (…) „Heute ist mir das nicht mehr wichtig. Ich lebe jetzt hier auf unserem Hof ziemlich zufrieden und entspannt. Wir haben 30 Einsteller und 20 eigene Pferde. Wir züchten auch und haben viele alte Pferde. (…)
Der Tag beginnt für Babsi und Markus sehr früh. „Wir stehen um 6h auf, füttern, misten aus, reiten, dann gibt es Mittagessen und meist eine Stunde Pause. Danach geht es bis zum Abend weiter mit der Pferdearbeit, Reitstunden, Arbeit mit Jungpferden, Beritt. „Je nachdem, was halt am Plan steht.“, erklärt Babsi. Und Pläne hat Babsi ziemlich klare. „Du musst für jedes Pferd einen Plan haben und dementsprechend deinen Tag strukturieren. Füttern, Jungpferde, die ebenso lernen sollen, wie die älteren – das braucht schon einen Plan. Es ist unterschiedlich, wie viele Pferde ich an einem Tag reite, mal kommt der Tierarzt, mal kommt der Hufschmied, da schaffe ich dann weniger. An einem guten Tag sind es 8 bis 10 Pferde, die ich reite.“
Es gibt viele Menschen, die Babsi ihre Pferde bringen, weil sie selber nicht mehr weiterwissen. „Manchmal bringen sie Pferde, bei denen andere sagen, da kann man nichts mehr machen. Ich mag „schwierige“ Pferde. Meistens sind es nämlich nur Missverständnisse, weil die Pferde ihre Menschen nicht verstehen. Pferde sind nicht von Haus aus ungut, sie verstehen manchmal einfach ihre Reiter nicht! Das Allerwichtigste ist, dass man versucht Probleme zu lösen auf ganz verschiedene Arten und Weisen, sodass Reiter und Pferd irgendwann zusammenkommen. Dass man kein Schema auf das Pferd presst, sondern wirklich auf das einzelne Pferd eingeht und schaut, was es braucht. Ich nehme mir gerne Anregungen von verschiedenen Reitweisen, verschiedene Methoden und probiere sie auch aus.“
Ich frage Babsi, was sie tun würde, wenn ich ihr theoretisch mein Pferd bringen würde und ihr sagen würde: Ich kann das nicht, hilf mir bitte.
Babsi: „Ich frag dann mal genau, was nicht funktioniert und wo du das Problem siehst. Dann probiere ich das Pferd einmal aus und schaue, wo das Problem liegen könnte. Wichtig ist, dass man weiß, wie der Reiter reitet, dass man den Reiter selber sieht. Manchmal kann ich zwar ein Problem lösen, der Reiter aber nicht, weil er zum Beispiel eine andere Hilfengebung hat. Weil er anders sitzt, anders agiert als ich. Für einen Außenstehenden ist es manchmal einfacher, Dinge zu erkennen und zu sehen, weil er naturgemäß die Dinge nicht so emotional sieht. Es ist ganz wichtig, dem Reiter gut zuzuhören und mit ihm zusammen zu schauen, wo denn das Problem liegt.
Denn die Verzweiflung von Reitern verstehe sie gut: „Ich verstehe die Emotionen. Man möchte ja in Wirklichkeit ein Pferd, das fit und gesund ist, mit dem man einen guten Ausgleich zum Büroalltag hat. Man zahlt viel Geld und eigentlich wünscht man sich nur, dass alles klappt. Und dann tut es das nicht. Ich möchte auch kein Pferd haben, das ich erst mal eine halbe Stunde lang versuchen muss einzufangen. Und dann lässt es mich nicht aufsteigen. Ich verstehe, dass das nicht lustig ist.“
Und wo ortet Babsi nun die meisten Probleme?
„Meist liegt es an der Kommunikation zwischen Pferd und Reiter. Das Pferd ist ein einfaches Wesen. Manchmal versteht es etwas nicht, weil es ihm jemand nicht verständlich beigebracht hat. Viele Fehler passieren schon am Anfang, weil der Mensch, der das Pferd einreitet nicht so reitet, wie der Mensch, der das Pferd dann besitzt. Das sind für ein Pferd dann verschiedene Sprachen und jeder spricht eine andere. Wenn du dann als Bereiter deine Aufgabe erfüllst und ein vermeintliches Problem löst und dann das Pferd dem Besitzer zurückgibst und er macht so weiter wie zuvor, dann wird das schwierig! Ich möchte also auch unbedingt mit den Reitern arbeiten. Auch sie müssen umlernen. Anders reiten, als sie es gewohnt sind.“ (…)
Für Babsi ist ihre eigene Weiterbildung von großer Bedeutung. „Man kann von jedem etwas lernen. Ich schau mir alles an, was es gibt. Deshalb bin ich auf mindestens 4 oder 5 Kursen im Jahr, wenn es sich ausgeht. Meine Einsteller nehme ich da gleich mit, wenn es sie interessiert. Ich bin auch schon zu Kursen hingefahren, nur um nachher zu wissen, wie ich es sicher nicht machen werde. Da ist man auch einen Schritt weiter!“
Wann sieht Babsi, dass Pferd und Reiter zusammenpassen? Wie sieht sie, dass es einem Pferd gut geht?
„Es ist der Gesamteindruck. Wenn beide friedlich und entspannt sind und fröhlich wirken. Beim Menschen ist das ja nicht schwer zu erkennen, beim Pferd ist es der Gesamteindruck, vom Fell über das Gesicht. Man sieht viel an den Augen eines Pferdes. Mir ist es nicht so wichtig, wie hoch das Pferd seine Beine hebt, was mir als Kind wahnsinnig wichtig war. Mir ist das über die Jahre verloren gegangen. Mir ist es viel wichtiger, dass das Pferd zufrieden ist und entspannt.
miia: Danke Babsi, für den schönen Abend mit dir. Es war für mich nicht nur sehr lehrreich, sondern vor allem auch sehr lustig 🙂 . Ich freue mich schon, deinen Hof ganz bald selbst zu sehen!
Babsi hat mir übrigens noch viel mehr erzählt. Wer sind ihre reiterlichen Vorbilder? Wie arbeitet sie mit Jungpferden? Und was haben deren Besitzer damit zu tun? Was wünscht sie sich von der Zukunft? Fragen über Fragen … die Antworten findet ihr in der neuen iiö.