Dein Können im Check

Gestern war ja bekannterweise der Tag des Islandpferdes. Das ist bestimmt keinem Islandpferdefan entgangen. Mir natürlich auch nicht, wie könnte es? Für einen Islandpferdeblog ist es natürlich ziemlich schändlich, an diesem Tag nicht mit Trompeten und Posaunen von der tollsten Pferderasse der Welt zu erzählen. Aber mit Posaunen kann man nur unterwegs sein, wenn man nicht gerade mit seinem Pferd an einem schönen Islandpferdeort ist. Ich war an einem. 

Ich war gestern am Forsthof in Brand-Laaben in Niederösterreich, wo ein Prüfungsreiten stattgefunden hat. Was das ist? Nun, man könnte es auch „Feedback-Reiten“ nennen. Oder „Zeig uns, was du kannst und wir sagen dir, was wir sehen“-Reiten. Oder das „Sei ein bisschen mutig und sprich mit uns“- Reiten. Oder das „Lerne Richter und Noten besser kennen“-Reiten. 

Zig Namen würden mir da einfallen.

Angefangen hat gestern für mich und meine Freundin samt miteingepackter Töchter alles sehr früh, ich glaub, wir sind um 5.30h aufgestanden. Um 7h war nämlich die Abfahrt mit eingeladenen Pferden geplant, um pünktlich zu Beginn der Veranstaltung am Forsthof zu sein. Wenn man das ganze jetzt ein bisschen Italienisch betrachtet, dann waren wir so gut wie pünktlich dort 🙂 . Ok, ja, ich gebe es zu, ich hab zu viel geredet auf der Autobahn und wir haben eine Ausfahrt verpasst, mea culpa, aber schlussendlich waren wir dann eh fast rechtzeitig. Italienisch-rechtzeitig.

Abfahrt

Die Pferde unserer Töchter werden also schnell ausgeladen und versorgt, und schon geht es ins Stüberl, wo bereits die Richter Uli Fertsak und Alexander Sgustav (aka Xandl) sitzen, mit einer Schar neugieriger Reiter um sich, und viel über das Turnierreiten und die Notengebung erzählen. Wie wichtig es für Turnierreiter wäre, mal die Leitgedanken gelesen zu haben. Die Firewalls zu kennen. Oder sich einfach mal die gestellte Aufgabe in einem Bewerb durchzulesen. Damit man dann die Notengebung besser verstehen lernen kann.

Ich hätte zu diesem Zeitpunkt bereits mein Diktiergerät einschalten sollen, dann könnte ich euch jetzt die gemeinsame Ansprache im O-Ton servieren. Kann ich leider nicht. Sie wäre es aber wert, denn sie hat Mut gemacht. Beide Richter haben betont, dass das Erreichen guter Noten Zeit braucht. Manchmal Jahre. Dass Richter dich nicht vergleichen mit dem letzten Mal, als sie dich gesehen haben. Dass jeder gerittene Bewerb eine absolute Momentaufnahme ist. Und dass man fragen gehen soll, wenn man eine Note nicht versteht.  Und – so Xandl – Richter würden lieber gute Noten geben als schlechte. 

Besprechung im Stüberl

Nach den interessanten Erklärungen werden die Reiter eingeteilt, jeder Teilnehmer kann nämlich auf der großen, neuen 250m-Ovalbahn (mit Ausblick 🙂 !) jene Bewerbe ausprobieren, bei denen er neugierig wäre, welche Noten er bekommen könnte. Und nachher erfahren würde, was getan werden muss, damit bessere Noten am Ende rauskommen.

Einteilung

C-Reiter können zum Beispiel mal einen B-Bewerb ausprobieren. Auch Fünfgang-Bewerbe konnte man versuchen. Oder hast du ein ganz junges Pferd ohne Turniererfahrung? Du selbst bist noch nie vor Richtern geritten? „Probier es einfach mal aus!“ – das Motto des Tages.

Dann geht es los … nota bene: du darfst am Forsthof die Distanzen nicht unterschätzen. Vom Aufwärmen im Viereck beim Stall brauchst du doch mindestens 5 Minuten oder noch mehr bis zur Ovalbahn. (Der Ausblick ist aber den Spaziergang auf jeden Fall wert). Also von wegen Zeitmanagement – auch das ist eine Sache zum Üben und eine Erfahrung mehr.

Große Distanzen

Das Team vom Forsthof inklusive Richter sind deshalb da seeeehr entspannt: wenn du da bist, bist du da. Höski macht den Sprecher, seine Stimme schallt angenehm über das Oval, während die wackeren Reiter ihre Bewerbe reiten. Nach getaner Arbeit kommst du dann in die Mitte der Ovalbahn und holst dir dein Feedback ab. Welche Note hättest du für jeden Aufgabenteil bekommen und warum? Xandl und Uli wissen genau, was sie gesehen haben, was besser gemacht werden könnte oder müsste. Ich gebe zu, einfach ist es sicher nicht für jeden, vor den Zusehern (es waren auch aktive Zuhörerinnen dabei) zu hören, was gut oder was schlecht war. 

Feedback

Hat das vielleicht etwas mit unserer Fehlerkultur zu tun? „Fehler? Ich mache keine. Ich habe keine. Ich gebe keine zu.“ Ich finde, es müsste eher heißen: „Fehler? Danke! Ja, mach ich!“ Denn jeder macht sie, jeder muss weiterlernen, für jeden gibt es Luft nach oben. Es ist gut, das ganz deutlich zu hören. Aber natürlich ist es einfacher zu hören, was man alles schon gut kann. Auch mit diesen Infos werden die Reiter natürlich versorgt 🙂 .

Zuhören.

Nach den Vormittagsritten gibt es Mittagessen wieder oben im Stüberl und erneut eine Besprechung. Da hab ich zwischen Toast und Würsteln die Chance ergriffen und mal Uli gefragt, wie sie das Prüfungsreiten bisher gefunden hat: „Sehr spannend!“, so die Richterin. „Mir taugen solche Veranstaltungen abseits der Turniere.“ Man könne richten und habe nachher aber die Möglichkeit, mit den Leuten ausführlich darüber zu reden. Es sei einfach eine lockerere Atmosphäre und die Reiter können natürlich auch erwidern, was sie sich erwartet hätten. „Ich hab das jetzt schon als Richterin ein paar Mal gemacht. Ich hab es aber auch als Reiterin selber sehr geschätzt, weil man sofort Feedback und vielleicht auch Tipps bekommt.“ Ich hab der armen Uli noch viele Fragen gestellt – könnt ihr euch ja vorstellen 🙂 !

Feedback von Uli

Ich habe schon mit dem Aufschreiben des Interviews begonnen, da habe ich gemerkt, dass so viel Spannendes drin steckt, dass ich es euch in einem eigenen Blogpost lesen lassen werde! Wär ja sonst hier zu viel! 

Wo waren wir? Achja, im Stüberl bei der Mittagspause. Naja, was soll ich sagen. Es wird viel gegessen und geplaudert. Bis Xandl wieder das Wort ergreift und um Ruhe bittet. Er habe nämlich noch einen guten Tipp für angehende Turnierreiter: „Lest die Aufgabenteile des Bewerbes, den ihr bei einem Turnier reiten möchtet, vorher genau. Reitet ihn zuhause durch. Wenn ihr zuhause keine Ovalbahn habt, dann fahrt mit euren Pferden an einen Ort, wo es eine gibt. Wenn ihr für euch sagt, ok, ich erfülle die Anforderungen, dann startet bei einem Turnier. Man muss das daheim unbedingt einmal durchreiten können. Wenn man das kann, kann man es auch mal woanders probieren.“ 

Ovalbahn mit Blick

Xandl erzählt dann ein bisschen von früher. Dass er und seine Freunde bei vielen Turnieren gestartet seien, einfach um die Nervosität loszuwerden. Auch sie seien weiß und grün im Gesicht gewesen vor lauter Anspannung. Und das sei auch gar nichts Schlimmes. Man werde dem aber nicht durch Meditationen oder Globuli Herr, sondern nur durch möglichst viele Turnierstarts, so der internationale Sportrichter.

Und in diesem Sinn geht es dann munter weiter. Es dürfen auch am Nachmittag wieder Bewerbe ausprobiert und geritten werden. Da sind wir nur leider schon wieder auf dem Weg nach Hause. Wir haben unsere vierbeinigen Freunde wieder eingeladen und uns auf den Nachhauseweg gemacht.

Aktive Zuhörerinnen

Mir bleibt nur zu sagen: Danke für den tollen Tag. Es war ein Tag, der dem einen oder anderen vielleicht länger keine Ruhe lässt. Über den man nachdenkt. Ein Tag, der einen Eindruck hinterlässt. Ich sage es unumwunden: würd ich jedem Turnierreiter weiterempfehlen, bei so etwas mal mitzumachen. In der geäußerten Kritik an der Pferd-Reiter-Leistung steckt nämlich fühlbar ein Wohlwollen jener Menschen, die viel Erfahrung haben und diese einfach teilen und damit ein Stück weiterhelfen wollen.

Hestafólk

Es gibt übrigens bald wieder so eine Veranstaltung am Forsthof. Am 1. Juli nämlich! Die Richter werden an diesem Tag dann Hannah Chmelik und Nelly Auer sein. Habt ihr an dem Tag noch nichts vor? Ich hätte da eine Idee … 

 

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