Könnt ihr euch an Karin Gradinger erinnern? Sie hat die Sport C-Trophy dieses und auch letztes Jahr mit ihrem Pferd Anders gewonnen. Ein schönes Paar sind die beiden, wirklich. Ich denke, das kann man ohne Übertreibung sagen. In Stadl-Paura im März hab ich die beiden endlich mal persönlich kennen gelernt. Ich hab Karin in einem Bewerb zugesehen, in dem sie mit ihrem Anders geritten ist. Danach haben wir lange miteinander geplaudert – Anders war natürlich dabei und hat genüsslich an Halmen gemalmt.
Karin hat mir schon einige Zeit davor ein paar Zeilen geschrieben. Zeilen, die dem einen oder anderen vielleicht Mut machen können. Nicht jeder hat ein Pferd, das quasi „von allein“ Runde um Runde im taktklaren Tölt über die Ovalbahn tackert. Es gibt solche Pferde, ja. Es gibt aber auch andere Pferde, die ihre Reiter vor richtig große Aufgaben stellen. Sie zu reiten erfordert eine Menge Geduld, Mut und Durchhaltevermögen. Geschick und vielleicht auch Begleiter, die dich nicht alleine lassen, auch wenn Erfolge lange auf sich warten lassen. Karin hat das mit ihrem Anders erlebt. Aber lest am besten selbst:
„Was ich dir noch erzählen möchte: Anders ist für mich etwas ganz Besonderes geworden. Immer wieder sind in den letzten Jahren Zweifel aufgetreten. Ich habe an mir selbst gezweifelt und daran, dass wir doch noch einmal ein Team werden. Nach vielen Reitstunden, die oft mit Tränen geendet haben, hatte ich irgendwann den Entschluss gefasst, ihn zum Verkauf anzubieten. In der Hoffnung, dass er zu jemandem kommt, der mit seinen „Spielereien“ besser umgehen kann als ich.
Ich habe mir das alles selber sehr zu Herzen genommen und dadurch an meinem Können gezweifelt.
2015 hatte ich die Möglichkeit, in meinen Schulferien spontan für einen Monat nach Island zu gehen, um dort auf einem Hof zu arbeiten. Ich sah das Ganze als Chance meinen Kopf freizukriegen, ein bisschen isländische Luft zu schnuppern und vielleicht neue Methoden in der Reitweise kennenzulernen.
In der Zwischenzeit wurden meine zwei Pferde, Laski und Anders, von der Familie Schlederer geritten. Vor allem Josi hat sich der Aufgabe mit Anders angenommen. Als ich wieder zurückkam, nahm ich, wie vorher, viele Reitstunden bei Inge. Ich habe gemerkt, wieviel sie mit ihm gearbeitet haben und das kam auch mir zugute. Natürlich hat er mich noch einige Male getestet und an den Rand des Wahnsinns getrieben, doch mit der Zeit wurde das immer weniger.
Rückblickend merke ich, wie stark wir uns verbessert haben. Für Außenstehende wäre das ganz unspektakulär gewesen, aber für mich waren es viele kleine Schritte in die richtige Richtung.
Ende 2015 habe ich mich endlich getraut, mit ihm an einem Turnier teilzunehmen. Unser allererstes gemeinsames Turnier war dann auch noch auswärts. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern. Die Nervosität und Anspannung waren extrem groß bei mir und das Vertrauen zu meinem Pferd auch nach fast 2 Jahren leider noch sehr gering. Natürlich haben wir unseren ersten Turnierstart komplett verkackt, wenn ich das so ausdrücken darf. In der Töltprüfung war er sehr unkonzentriert und hatte während der ganzen Prüfung über Taktfehler und keine schöne Haltung. Im Viergang war er so heiß, dass ich keinen Trab hatte, Schritt eher mehr dem Passgang eines Hundes glich und das Arbeitstempo Galopp von ihm als Aufforderung zum Renntempo „missverstanden“ wurde. Meine Nerven lagen danach natürlich wieder komplett blank und es flossen wieder viele Tränen.
In den Monaten darauf hatten wir wieder viele Reitstunden, in denen wir immer an dem gleichen Problem arbeiteten: unkontrolliertes Laufen und Ablenkung durch äußere Einflüsse, wie z.B. Schatten und Licht, kleinste Sandhäufchen und Wasserflecken auf dem Hallenboden, und viele andere schlimme Dinge.
Irgendwann und irgendwie wurde es besser.
2016 nahm ich auch an der oberösterreichischen Cup-Serie teil, um ihn einfach an die Turnieratmosphäre zu gewöhnen. Mit der Zeit wurde es immer leichter mit ihm. Natürlich hatten und haben wir immer wieder unsere Höhen und Tiefen, doch ich merkte, dass alles eine Frage der Überwindung sei. Ich musste mich irgendwann selbst dazu überwinden meinem Pferd zu vertrauen und auch mal loszulassen. Mit loslassen meine ich mich zu entspannen, auch wenn das mein Pferd gerade nicht macht.
So wuchs das Vertrauen zu Anders in den letzten Jahren immer mehr und es ging von da an steil bergauf.
Wie ich bereits erzählt habe, war 2017 aufgrund seiner Krankheit kein einfaches Jahr. Doch auch das haben wir gemeinsam überstanden. Zur jetzigen Zeit kann ich behaupten, dass wir ein wirklich gutes Team geworden sind. Jeden Tag freue ich mich, wenn ich in den Stall komme und die Möglichkeit habe, so ein tolles Pferd zu reiten. Denn Spaß macht der kleine Kerl auf jeden Fall, wenn er mitarbeitet. Die Frage, ob ich ihn verkaufen würde, stellt sich für mich gar nicht mehr.
Die einzige Frage, auf deren Antwort ich schon sehr gespannt bin, ist, was uns die Zukunft noch alles bringt. Welche Erfolge ich mit ihm noch feiern kann und wo wir nächstes Jahr um diese Zeit oder in 5 Jahren stehen.
Anders hat für mich einen sehr emotionalen Wert. Ich sehe ihn als einen unglaublichen Lehrmeister. Es gibt viele Pferde, auf die man sich einfach raufsetzen und ohne Bedenken gemütlich seine Runden auf der Bahn drehen kann. Ein Pferd wie Andi ist da ganz anders. So ein Pferd ist erst toll zu sitzen, wenn man mit ihm arbeitet und er gefordert wird. Das Gefühl, so ein Pferd zu reiten und zu merken, es arbeitet konzentriert mit, ist für mich eines der größten Geschenke, die man mir machen kann.
Ob ich mir so ein Pferd nochmal kaufen würde? Vielleicht.
Mit meiner Geschichte möchte ich denjenigen, die oft an sich selbst oder auch an ihrem Pferd zweifeln, zeigen, dass sie nicht alleine sind. Jeder hat mal seine Höhen und Tiefen. Das wichtigste ist, die Tiefen zu überwinden, sich seiner eigenen Schwächen bewusst zu werden und sich ein Umfeld aufzubauen, das einen unterstützt. In meinem Fall waren das meine Freunde, mit denen ich mich ausgetauscht habe, meine Familie und vor allem meine Reitlehrerin Inge Schlederer.
miia: Danke liebe Karin. Ich bin sicher, das macht so manchem Mut. Der Weg mit einem Pferd kann manchmal einer sein, der einen selbst an seine Grenzen bringt. Wie schön, wenn man gemeinsam darüber hinaus wachsen kann. Richtig zusammenwachsen kann. Ich werde nicht müde, es zu sagen: Der Weg ist das Ziel. What else?
ps.: Vielen Dank an Leo Einböck für das große, romantische Beitragsbild und an Eva Frischling für das Turnierbild!