Ich borg dir mein Pferd

Vor einiger Zeit war ich am Lindenhof in der Nähe von Graz. Bei Jasmin Scherübel und ihren Pferden, könnt ihr euch noch daran erinnern? Sie hat mir, neben ihrem schönen Lindenhof und anderen Pferden auch ihr Pferd Háleggur gezeigt.

Foto by Viktoria Riegler

Neben ihm stehend hat sie mir erzählt, dass sie dieses erfahrene Tier einer jungen, talentierten Reiterin zu Verfügung stellt. Jana heiße sie und es sei Jasmin wichtig, dass Menschen, die mehrere Pferde besitzen und sich eventuell turniermäßig einem anderen Tier zuwenden, anderen Menschen die Möglichkeit geben, mit erfahrenen Tieren zu lernen. „Man kann nur besser werden durch ein gutes Pferd,“ so hat es mir Jasmin damals gesagt.

Foto by Viktoria Riegler

Ich oute mich jetzt. Ich mache es auch. Auch wenn meine Náma vielleicht „nur“ ein Pferd der Sportklasse C ist, war und ist sie dennoch ein geniales Turnierpferd und bis heute eine grenzgeniale Lehrmeisterin. Ich liebe dieses Pferd. Gemeinsam mit meiner Tochter Leonie ist sie Niederösterreichische Meisterin geworden, auch Vizestaatsmeisterin, wenn man so möchte. Ein tolles Pferd. Aber nicht einfach zu reiten. Ich erzähle euch das jetzt nicht, um anzugeben, sondern um euch zu erzählen, dass auch ich (nachdem Leonie Óþreyja bekommen hat) meine Náma zur Zeit einer talentierten jungen Reiterin zur Verfügung stelle, die selbst kein eigenes Pferd haben kann. Wir teilen uns meine Náma. Wenn sie Zeit hat, bewegt sie sie in Absprache mit mir, sie nimmt auch Trainingsstunden und ich – empfinde das als einen großen Gewinn. Letztes Jahr haben die beiden bei ihrem ersten Turnierstart den T7 gewonnen und ich hab mich richtig gefreut. 

Náma und Anna

Auch Jasmin Scherübel habe ich gefragt, wie sie über die Tatsache denkt, dass sie Jana ihr Pferd borgt. Jasmin: „Jana hat ihr Pferdeherz am rechten Fleck. Sie lacht immer beim Reiten, sieht nie ernst oder verbissen aus und geht auch selbstständig in den Stall und versorgt die Pferde. Das Reiten macht ihr Spaß. Im Vordergrund steht eigentlich, dass sie von einem gut ausgebildeten Pferd viel für die Zukunft lernen kann. Jana kommt so oft es die Schule und auch andere Hobbys zulassen zu mir auf den Hof. Nebenbei nimmt sie regelmäßig Unterricht auf ihren eigenen Pferden bei mir und ihrer Mama. Für die Kurse bei uns am Hof steht ihr immer ein Pferd zur Verfügung. Mittlerweile reitet sie auch meinen Hrimnir und sie findet ihn einfach lustig (O-Ton). Gut ausgebildete Pferde kosten einfach Geld und nicht jeder kann oder will sich so etwas für sein Kind leisten. Ich persönlich habe noch sehr junge Pferde, die nachkommen. Háleggur bleibt auf jeden Fall in meinem Besitz. Irgendwann kann ich doch sowieso nicht mehr alle regelmäßig bewegen und somit ist es für alle Beteiligten eine win-win Situation“.

Jana strahlt auf Háleggur

Ich weiß, was Jasmin meint. Ich empfinde es auch so. Meine Náma möchte viel bewegt werden, mehr als ich es bei einem Vollzeitjob am anderen Ende von Wien bewerkstelligen kann. Ich bin sehr glücklich mit dieser Entscheidung. Und ich weiß, dass es Náma gut geht und spüre das auch beim Reiten. Ich erinnere mich auch an Johanna Wallnsdorfer, die von Michi Auinger sogar ein Pferd für einen Start bei der WM zur Verfügung gestellt bekommen hat. Ich höre immer, dass das in Deutschland viel öfter gemacht wird. Das kann ich nicht beurteilen, aber ich weiß von einigen, die dies auch hier in Österreich machen.

Wie sehen denn Jana und ihre Mama Nicole die Sache, dass Jana Háleggur reiten darf? Dazu hab ich die beiden ein bisschen befragt. Wie es so meine Art ist 🙂 !

miia: Könnt ihr mir bitte etwas über euch erzählen? Ich sehe an eurer Mailadresse, dass ihr auch mit Islandpferden zu tun habt?

Nicole: Ich selbst reite seit meinem 12 Lebensjahr auf Islandpferden. Seit dem ersten Mal Tölt reiten, hat mich die Liebe zu diesen Pferden gefesselt und ich konnte sie nicht mehr loslassen. Mit 14 Jahren bekam ich mein erstes Islandpferd, mit dem ich einige Turniere erfolgreich absolviert habe. Einige Jahre später hatte ich immer wieder einige trächtige Stuten, Fohlen und Jungpferde auf meinem Hof, diese gehörten jedoch nicht mir. Meine Tochter Jana begann mit 5 Jahren auf einem Reiterhof zu reiten. Leider hatte sie dann dort einen schlimmen Reitunfall und hatte von da an Angst zu reiten bzw. stieg nicht mehr auf das Pferd. Dies war natürlich sehr schade, da wir die Pferde vor der Haustür hatten.

Pferde vor der Haustüre

Da kam mir die Idee, Jana anders ans Pferd heranzuführen und ich machte die Ausbildung zur Reitpädagogin. Ich wollte, dass Jana wieder Vertrauen zu Pferden gewinnt, indem ich sie spielerisch ans Pferd heranführte und sie lehrte, dass das Pferd ihr Freund sein soll, den sie mit allen Sinnen spüren darf. Sie sollte das Gefühl des „Getragen-Werdens“ als wunderschön empfinden. Nach einiger Zeit ist es mir tatsächlich gelungen, dass Jana wieder ihr volles Vertrauen den Pferden schenkte und es sie überglücklich gemacht hat, wenn sie mit ihnen zusammen sein konnte. Mit Herz reiten stand und steht bei uns immer im Vordergrund. So kam es, dass einige Leuten davon hörten, was ich da mit Jana gemacht hatte und sie wollten das mit ihren Kindern auch ausprobieren. Sehr rasch hatte ich eine Vielzahl an Reiterkindern und ich bin mächtig stolz, dass ich aus einer einst alten Hube einen richtigen Pferdehof geschaffen habe. Ich lebe mit meiner Familie hier und habe den Hof, der seit 100 Jahren im Familienbesitz ist, im Jahr 2009 geerbt und umgebaut, um mit unseren Pferden hier zu leben und zu arbeiten. Unser Hof liegt am wunderschönen Gasselberg, der im weststeirischen Hügelland eingebettet ist.

Ein wunderschöner Ort

miia: Jana, du darfst Háleggur, ein ganz besonderes Pferd von Jasmin reiten. Wie kam es denn dazu?

Jana: Jasmin ist eine langjährige Reitfreundin meiner Mama, sie kommt immer wieder zu uns auf den Hof, um mit meiner Mama und ihrem jungen Pferd zu trainieren. Auch ich hatte immer wieder Reitstunden mit Mamas alter Rennpass – Stute bei Jasmin. Jasmin sah in mir etwas mehr und meinte, dass ich mal zu ihr auf ihren Hof kommen soll, um ihren Háleggur zu reiten. Háleggur ist ein sehr, sehr gut ausgebildetes Pferd und ich finde es super lustig mit ihm. Bei ihm hab ich es nicht so schwer zu bremsen wie mit Mamas Rennpass – Stute, die läuft sehr gern davon 🙂 .

Er ist so schön weich im Maul und reagiert ganz schnell auf meine Hilfen. Am schönsten ist es, wenn wir so richtig Gas geben und im schnellen Tempo Tölt reiten. Dabei muss ich dann immer so viel lachen, weil er so süß und lustig ist. Er ist ein sehr besonderes Pferd, ich hab mich schnell in ihn verliebt. Er ist unkompliziert und wir verstehen uns einfach super gut. Ich war das erste Mal ziemlich nervös, als ich ihn ritt. So ein super gutes Pferd – ob ich das schaffen werde den „gscheit“ zu reiten … und dann hab ich mich ihn in verliebt. So ein lieber Kerl. Da das so gut mit uns beiden lief, hat mir Jasmin angeboten, mit ihm bei einem Kurs mit Käthe Fritsch mitzureiten. Das war mein erster Kurs und es lief einfach super. Auch Käthe war von uns beiden sehr begeistert und meinte, wir beide sollen unbedingt so weitermachen und weiterhin so Spaß zusammen haben.

Ich finde es einfach lustig mit ihm zu reiten. Und wer weiß, vielleicht starten wir bald mal ein Turnier und wir schneiden gut ab. Das würde ich mir sehr wünschen – mir und dem Háleggur. Ich bin Jasmin sehr dankbar, dass ich dieses Pferd reiten darf. Auch den sehr temperamentvollen Hrimnir darf ich mittlerweile schon reiten. Aber Háleggur ist und bleibt mein Schatz. Im Frühjahr möchte ich mit ihm das Isi-Zertifikat machen, um dann Turniere reiten zu können.

Jana im Glück

Und Nicole? Sie findet es prima, dass Jasmin ihrer Tochter diese Möglichkeit gibt und sie fördern möchte. „Es ist natürlich ein riesen Vorteil, wenn man von Kind an von einem so gut ausgebildeten Pferd lernen darf. Das bringt Jana viel schneller voran und sie selbst merkt dann auch den Erfolg, dass etwas Gelerntes umgesetzt wird und funktioniert. Das macht Spaß und Lust auf mehr. Ich persönlich finde es jedoch auch wichtig, dass sie viele verschiedene Pferde reitet, denn jedes Pferd ist anders und auf seine Art und Weise speziell. Sie lernt dadurch sich aufs Pferd einzustellen und zu spüren, was das Pferd braucht oder wie man es reiten muss. Jana hat natürlich den Vorteil, dass wir auch einige Pferde zu Hause haben, die sie ebenso gerne reitet und um die sie sich sehr liebevoll kümmert. Mir ist es auch wichtig, dass sie Stalldienst macht, um näher bei den Pferden zu sein. Zu sehen wie sie sich verhalten, wie ihr Tagesablauf ist und die Nähe zu ihnen aufbaut. Geht es ihr mal nicht gut, geht sie in den Stall und redet mit unseren Pferden über ihre Probleme.“

Mama Nicole

miia: Danke für das Interview an Jasmin, Nicole und Jana und liebe Grüße in die Steiermark!

Wollt ich nur mal erzählen, diese Geschichte. Vielleicht bringt sie ja jemanden auf eine Idee.  

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