Fidel erklärt: Die Kolik beim Islandpferd (part 3)

Wie ich bereits mehrmals erzählt habe, ist Fidel ein eher unangenehmer Patient. Das liegt primär an seiner Wehleidigkeit. Ich will ihm da jetzt nicht zu nahe treten, sagen wir einfach Fidels Schmerzgrenze ist einfach extrem niedrig angesiedelt. Da kann schon mal ein Kieselstein zwischen den Zehen zu einem Drama werden. Der Vorteil allerdings ist, dass man mit so einem Hund nicht gerade Gefahr läuft, eine Erkrankung zu übersehen.

Bei den robusten Islandpferden verhält sich das anders, die beißen die Zähne schon mal zusammen wenn es sein muss. Umso wichtiger ist es daher, die Symptome genau zu kennen und im Auge zu behalten. Also beschäftigen wir uns jetzt mal mit den Anzeichen einer Kolik.

Bei einer Kolik hat das Pferd Bauchschmerzen und im Idealfall zeigt es diese auch an. Ein Beispiel dafür ist, dass es mit den Beinen aufstampft oder den Kopf Richtung Bauch dreht und androht in den eigenen Bauch zu beißen. Es ist prinzipiell unruhig und läuft im Kreis oder legt sich immer wieder hin, um gleich wieder aufzustehen. Manchmal kann man auch beobachten, dass das Pferd augenscheinlich versucht, Urin abzusetzen, es aber nicht kann.

keine Kolik …

Bei besonders starken Schmerzen kann es so weit gehen, dass das Pferd wirklich beginnt sich unkontrolliert auf den Boden zu werfen und stark schwitzt. Spätestens dann weiß man, dass Feuer am Dach ist und schleunigst der Tierarzt her muss.

Wenn der Tierarzt dann da ist, ist es natürlich wichtig, schnell eine möglichst gute Einschätzung der Lage zu bekommen. Daher habe ich Dr. Sophia Sommerauer gebeten mir eine Checkliste zu geben, was der Tierarzt bei seiner Ankunft bei einem Verdacht auf Kolik wissen will und muss:

  • Gab es eine Futterumstellung in letzter Zeit?
  • Gab es eine Umstellung bezüglich Haltungsform (z.B. vom Offenstall in die Box)?
  • Wann war die letzte Entwurmung?
  • Bekommt das Pferd momentan Medikamente?
  • Gibt es bekannte Erkrankungen?
  • Seit wann zeigt das Pferd Symptome?
  • Wurde bereits etwas verabreicht?
  • Hatte das Pferd bereits früher schon Koliken?
  • Wann wurde das letzte Mal Kot abgesetzt?
  • Hat das Pferd Appetit?
  • Wann hat es das letzte Mal gefressen?
  • Hat das Pferd besondere Stellungen eingenommen?

 

Wenn alles passt …

Die Sache mit den Stellungen finde ich besonders interessant, also habe ich nachgefragt, was es mit der Frage auf sich hat.

Dr. Sophia Sommerauer erklärt: „Im Fall einer Kolik können spezielle Körperhaltungen schon einen ersten Aufschluss über den Grund der Kolik geben. Natürlich lässt sich daraus keine Diagnose stellen, aber zumindest gibt es einen Hinweis. Wenn Pferde sich z.B. in eine Hundesitz Position begeben, ist das ganz typisch für eine Magenüberladung. Wenn sie sich aber auf den Rücken drehen, deutet das auf Probleme im Dünndarm hin.

Nach dem „Kreuzverhör“ wird der Tierarzt dann beginnen, das Pferd zu untersuchen und was dabei gemacht wird, habe ich mir natürlich auch erzählen lassen.

Dr. Sophia Sommerauer: „Zuerst wird das Pferd mal komplett abgehört, Lunge, Herz aber natürlich auch die komplette Darmperistaltik. Außerdem wird Fieber gemessen und das Zahnfleisch genauer betrachtet, um zu sehen wie es um den Kreislauf des Pferdes bestellt ist. Ich persönlich würde auch immer eine rektale Untersuchung machen, weil sich dabei vieles erkennen lässt wie Verlagerungen und Verstopfungen. Meistens wird dann ein kurz wirksames Schmerzmittel und krampflösende Medikamente verabreicht. Sollte das Pferd allerdings nach Verabreichung des Schmerzmittels wieder Koliksymptome zeigen, würde ich auf keinen Fall abwarten. Dann sollte man das Pferd in die Klinik bringen. Einfach weil dort ganz andere Untersuchungsmöglichkeiten verfügbar sind und im Notfall schnell operiert werden kann.

Aber wann rufe ich denn den Tierarzt eigentlich? Ich weiß, dass das eine heikle Frage ist aber ich stelle sie trotzdem.

Dr. Sophia Sommerauer: „Wenn das Pferd leichte Symptome zeigt und sich das Ganze aber nach ein bisschen Spazierengehen wieder legt kann man das selbst im Auge behalten und etwas abwarten. Manchmal handelt es sich einfach um eine leichte Gaskolik und die Sache erledigt sich schnell von selbst. Wenn die Symptome aber anhalten oder schlimmer werden, sollte man wirklich sofort den Tierarzt rufen. Mit Koliken ist prinzipiell nicht zu spaßen.“

Sara bei der Tierärztin am FEIF Youth Camp

Natürlich hat mich auch interessiert, was ich als Besitzer tun kann während ich auf den Tierarzt warte und habe mir auch dafür eine Checkliste geben lassen:

  • Jegliches Futter wegnehmen
  • Stroh aus der Box entfernen und auf Späne umstellen
  • Wasser anbieten
  • Wenn das Pferd ruhig in einer Brust-Bauchlage liegt, es liegen lassen
  • Wenn es sich hinwirft, versuchen das Pferd nicht hinlegen zu lassen
  • Spazierengehen (wenn das Pferd dazu in der Lage ist)
  • Kreislauf mit Koffein unterstützen

Und weil ich gerade so in Fahrt bin, wollte ich auch noch wissen, wie es denn mit der Behandlung aussieht.

Dr. Sophia Sommerauer: „Viele Koliken lassen sich bereits mit Schmerzmitteln und krampflösenden Medikamenten behandeln. Bei einer Verstopfung oder Gaskolik hilft auch schon mal, das Pferd einfach etwas hungern zu lassen und eventuell abführende Mittel zu verabreichen. Zu chirurgischen Eingriffen kommt es meistens, wenn es sich um Dickdarmverlagerungen, Dünndarmstrangulationen oder hochgradige Verstopfungen handelt. Aber selbst wenn es zu einer OP kommt, ist das nicht automatisch ein Todesurteil. Ich weiß, zum Thema Operationen gibt es viele verschiedene Meinungen. Ich bin der Meinung, Pferde können Kolikoperationen verkraften. Selbst wenn der Darm teilweise entfernt werden muss, können sie sich davon erholen. Ich selbst habe auch schon erlebt, dass Pferde nach einer Kolik OP wieder erfolgreich im großen Sport mitgelaufen sind. Natürlich muss man nach einer Operation mit einer gewissen Rekonvaleszenz-Zeit rechnen, was aber nicht heißt, dass sich Pferde danach nicht erholen können.“

In jedem Fall bei irgendeiner Art von Unsicherheit: ruft bitte unverzüglich den Tierarzt eures Vertrauens. Er bzw. die Klinik werden euch über alle möglichen Behandlungsmethoden und deren Konsequenzen aufklären. 

Und im letzten Teil dieser Serie? Da verrate ich euch, welche Tipps ich zur Vorbeugung bekommen habe! Was kann man tun, damit es erst gar nicht zu einer Kolik kommt? 

… to be continued … 

Teilen über: