Im Laufe unserer gemeinsamen Zeit hat Fidel bereits wiederholte Male versucht sein Leben dramatisch zu verkürzen.
Hauptsächlich durch den Versuch vor diverseste Autos zu laufen. Ich will ihm da jetzt nicht unbedingt Vorsatz unterstellen, aber nachdenklich stimmt es mich schon. Aber zum Glück besitzt Fidel ja ein Special Security Team (bestehend aus mir), dessen Hauptaufgabe es ist, ihn vor extrem dämlichen Aktionen zu beschützen … zumindest meistens. Zu meiner Schande muss ich allerdings gestehen, dass ich diesen Winter auch einmal beinahe Ursache eines verfrühten Ablebens seinerseits geworden wäre. Ja, ich hätte meinen Hund beinahe ermordet … und zwar mit einem Schokoriegel. Weil ich, naiv wie ich bin, dachte, ein Adventskalender, gefüllt mit einem Schokoriegel, ließe sich bedenkenlos auf einem Esstisch verwahren. Kann ja auch keiner damit rechnen, dass der Terrier Reinhold-Messner-mäßige Fähigkeiten entwickelt, um an einen Schokoriegel zu gelangen und irgendwie da raufklettern kann. Aber er kann. Und so habe ich Fidel beinahe mit dem Schokoriegel um die Ecke gebracht. Wäre ja mein persönlicher Rock ´n` Roll Tod. „Todesursache Schokolade“!.
Aber Fidel hätte ich dann doch noch gerne etwas länger an meiner Seite, weswegen ich die Sache mit dem Schokoriegel und dem Rock´n Roll Tod mittelmäßig cool genommen habe. Hysterische (ähm ich meine natürlich „aufgeregte“) Anrufe bei Tierärzten und eine intensive Internetrecherche zu dem Thema „Hilfe mein Hund hat einen Schokoriegel gegessen“ später (übrigens ein ausgesprochen häufig gegoogeltes Thema, ich bin somit nicht der einzige unverantwortliche Hundebesitzer auf dieser Erde) hat sich dann herausgestellt, dass Schokolade wirklich gefährlich werden kann, ein Schokoriegel allerdings nicht die tödliche Dosis für Fidel ist. Beinahe tödlich war allerdings die aus dem Schokoriegel resultierende Giftgasproduktion, also nicht für Fidel … aber für mich.
Fidel hatte allerdings auch nichts zu lachen, der hatte nämlich mächtig Bauchweh. Aber davon stirbt man ja bekanntlich nicht gleich, zumindest Fidel nicht.
Bei Pferden ist das anders, da ist Bauchweh nicht zum Spaßen. Vielleicht ist das auch der Grund, wieso man das Wort Bauchschmerzen beim Pferd nicht verwendet. Bauchschmerzen alarmieren einfach nicht genug. Ganz anders ist es, wenn man das Wort KOLIK hört. Da gehen die Alarmglocken nämlich nicht nur an, nein, da kommt noch ein rotes Blinken hinzu. Dabei ist Kolik keine Krankheit, sondern ein etwas klügerer und dramatisch klingenderer Name für Bauchschmerzen. Tatsächlich ist Kolik nur ein Sammelbegriff für „Im Magen-Darm Trakt geht gerade irgendwas schief“.
Bekanntlich ist Kolik eine der häufigsten Erkrankungen und leider auch Todesursachen beim Pferd. Daher ist es kein Fehler, sich mal etwas genauer mit diesem Thema auseinander zu setzen. Zu diesem Zwecke werden wir (also Fidel und ich) uns hinsetzen, um herauszufinden wie es zu Koliken kommt, wie man sie erkennen, behandeln und auch vorbeugen kann. Also vermutlich werde hauptsächlich ich versuchen etwas herauszufinden, aber nachdem Fidel die meiste Zeit daneben sitzt und mich anstarrt, um mir hypnotisch mitzuteilen, dass ich ihn nochmal füttern soll, kann man das irgendwie als Teamarbeit bezeichnen.
Bevor man sich mit den Ursachen einer Kolik beschäftigt, sollte man mal einen kurzen Blick auf das Verdauungssystem von Pferden werfen. Das ist nämlich mächtig beeindruckend. Der Darm eines Pferdes ist nämlich ganz beachtliche 20 bis 40 Meter lang. Natürlich variiert das zwischen den Rassen (ein Shetty und ein Noriker werden wohl andere Ausmaße haben). Im Vergleich dazu kommen wir Menschen gerade mal auf 7 m. Ich komme nicht drum herum mir vorzustellen wie lang ca. 30 m sind. Schwer vorstellbar, wie 30 m Darm in ein einziges Pferd passen. Aber sie tun es und im Gegensatz zum Menschen auch noch ziemlich lose. Das mag sich jetzt seltsam anhören, stimmt aber.
Der menschliche Darm hat einen eigenen Stützapparat, damit die 7 m Darm auch schön in Position bleiben. Unsere Pferde mit ihren 30 m haben dies nicht, was das ganze System natürlich sehr anfällig macht. Im Gegensatz zum ziemlich mächtigen Darm ist der Pferdmagen verhältnismäßig klein mit seinen 5-15 l Fassungsvermögen. Und dank eines Schwarzenegger-gleichen Schließmuskels, ist dieser eine absolute Einbahnstraße. Pferde können sich also nicht übergeben. Alles was vorne rein kommt, muss hinten wieder raus.
Bulimie bei Pferden? Ausgeschlossen! Wäre bei einer 1,5 m langen Speiseröhre auch irgendwie kontraproduktiv. Der Verdauungsapparat von Pferden ist also nicht darauf ausgelegt, schnell viel zu essen. Das hätte schlichtweg keinen Platz. Und als Pflanzenfresser ist überhaupt alles so konzipiert, dass viel energiearme Nahrung stetig verdaut wird. Nicht so wie bei Fidel. Dessen Magen ist darauf programmiert, alles und viel möglichst effektiv zu verschlingen. Allerdings beherrscht der zu meinem Leidwesen das Übergeben ganz gut. Und sein Darm ist ein ganz klein wenig kürzer.
Wenn man sich diese Anatomie vor Augen führt wird schnell klar, dass so ein großes und komplexes System natürlich auch anfällig auf Störungen ist. Und wie diese genau aussehen erzähle ich beim nächsten Mal. Eine innere Stimme unbekannter Herkunft sagt mir nämlich gerade, dass ich jetzt den Hund füttern muss.
…to be continued …