Nicole Heiling ist Fotografin. Sie war es, die Fotos von mir gemacht und mir meine Scheu fotografiert zu werden genommen hat. Sie und ihr Lachen. Sie und ihre ansteckende Lebensfreude. Zur Zeit ist Nicole für eine längere Zeit in Island – und ich hab sie um ihre Geschichte gebeten. Was macht eine Fotografin in Island? Nun – was glaubt ihr? Sie arbeitet, fotografiert und erlebt DIE Zeit ihres Lebens. Genießt die Geschichte von Nicole. Genießt ihre Fotos. Und dann Augen zu machen und ein bisschen träumen. Hier kommt Nicoles große Islandgeschichte mit einfach sensationellen Fotos:
„Also was ist die Geschichte mit mir und Island? Eine unendliche Geschichte …
Mit 7 Jahren habe ich begonnen auf Isländern zu reiten. Bis ich ca. 11 war. Dann kam eine 20-jährige Pause und seit 5 Jahren bin ich wieder im Sattel. Julia und Valdi vom Islandpferdehof in Haselbach sind dafür verantwortlich. Nochmals vielen Dank an dieser Stelle 🙂 .
Seit 3 Jahren besitze ich nun auch schon meine eigene Isländerstute Aþena, die ich aus Island von Valdis Familienfarm gekauft habe. Gesucht habe ich nicht, sie hat mich einfach gefunden 🙂 . Soviel zu meinem reiterlichen Hintergrund. Conclusio: Klassisch, romantische Freizeitreiterin.
Und nun bin ich für 4 Monate in Island gelandet. Endlich. Warum? Wieso?
Im Jänner 2007 war ich zum ersten Mal in Island, mit dem Ziel mindestens ein Jahr zu bleiben. Island erleben, mit allem was dazu gehört. Kälte, die Stürme, der Schnee, die Sonne, Nordlichter. OJA, diese Nordlichter. Die haben mich sowas von gefangen, wobei damals bei meiner ersten Reise, wusste ich ja noch nicht mal, was denn das da oben am Himmel überhaupt ist.
Mein größter Wunsch war, ganz klassisch, auf einer Pferdefarm zu arbeiten. Doch 2 Tage bevor dieser Traum in Erfüllung gegangen wäre, musste ich Island nach erst 7 Wochen leider wieder verlassen. Ein sehr trauriger Verlust hat mich für die folgenden Jahre mehr oder weniger aus der Bahn geworfen. Das Thema Island war eine Zeit lang für mich erledigt.
2012 kehrte die Sehnsucht wieder zurück. Durch Zufall landete ich damals am Islandpferdehof in Haselbach, und begann bei Julia wieder Reitunterricht zu nehmen. Die heiß ersehnte Islandreise im Sommer 2012 änderte dann so ziemlich alles und ich war wieder „back on track“.
Vor 2 Monaten bin ich zu meiner mittlerweile 11. Islandreise aufgebrochen und erfülle mir meinen langersehnten Traum. Denn auf dieser Reise habe ich meinen Platz hier im Süden Islands auf der Pferde- und Schafffarm Skálakot gefunden. www.skalakot.com.
Eingebettet zwischen den beiden bekannten Wasserfällen Seljalandsfoss und Skógafoss, am Fuße des berühmten Vulkans Eyjafjallajökull arbeite ich seit Jänner als Horseguide. Rund 200 Pferde, 300 Schafe und eine fliegende Hündin namens Nóra leben hier. Doch auch ein paar Menschen. 🙂
Mummi und Jóhanna sind die Besitzer der Farm, 2 herzensgute Menschen. Ich habe mich vom ersten Tag an wie zu Hause gefühlt. Sie kümmern sich mit viel Liebe zum Detail auch um Haus, Hof und vor allem um das kurz vor der Eröffnung stehende Hotel samt Restaurant. Aufregende Zeiten stehen also bevor.
Als Fotografin ist Island für mich natürlich ein Traum, vor allem im Winter. Die Farben, die Dramatik, die endlos tiefstehende Sonne. Und dieses Mal darf ich den Winter in vollen Zügen auskosten. Von Tiefschnee, Eisregen, (Schnee-)Stürmen mit 35m/s bis hin zu Dauerregen und 10 Grad mit Sonnenschein, alles war schon dabei. Jeden Tag gibt es ein einmaliges Schauspiel am Himmel. Und jedes Wetter hat seinen Reiz für mich. Vor allem hoch zu Ross.
Wie sieht ein Arbeitstag auf Skálakot für mich aus?
Aufstehen, Pferde füttern – der beste Start in den Tag – Happy horse, happy guide 🙂 .
Im Moment haben wir 15 Reitpferde im Stall, der Rest verbringt den Winter auf den Feldern.
Nach dem Füttern gibt`s Frühstück, gefolgt von Horsetrips. Manchmal sind es 3-4 Touren am Tag, manchmal auch nur eine oder keine. Es gibt ganz unterschiedliche Touren. Von 1-3 Stunden oder länger. Im Sommer kann man auch ins Hochland nach Landmannalaugar oder ins malerische Þórsmörk reiten. Das Winterprogramm ist nicht minder beeindruckend. Nachdem wir einen (Pferde-)bauchtiefen See überqueren, geht`s an den Strand, wo man während des Galoppierens im schwarzen Sand die Westmännerinseln vor sich hat. Eine andere Route geht rauf in die Berge, mit einem atemberaubenden Blick auf den Eyjafjallajökull. Es ist immer wieder faszinierend, wenn er über den Bergen rausragt und man sich vorstellt, wie es da oben zugegangen sein muss im Jahr 2010.
Während der Horsetrips erlebt man so Einiges mit den Gästen aus aller Welt. Manchmal glaubt man, schlimmer geht`s nicht, und dann gibt`s wieder neue Möglichkeiten, wie man vom Pferd absteigt 🙂 . Einmal kam eine Reisegruppe, 7 an der Zahl, allesamt Anfänger. Während des Ritts lief alles gut, dann war es an der Zeit, abzusteigen. Alle 7 (!) Gäste sind während des Absteigens vom Pferd gefallen. Plötzlich sah ich nur noch bunte Jacken am Boden, kombiniert mit lautem Lachen 🙂 . Ein anderes Mal haben wir Bekanntschaft mit dem Pferd Janson gemacht, ein Kuscheltier. Er hat uns bei einem 2stündigen Ritt begleitet und wollte immer ein Foto von sich haben. Sehr skurril.
Zwischen oder nach den Horsetrips müssen auch die 200 Pferde auf den Feldern und die Schafe im Stall versorgt werden. Das bedeutet, ab auf den Traktor. Der größte Spaß überhaupt (also gleich nach endlosem Tölt in Islands Schneelandschaft). Einen Heuballen hinten aufgabeln, einen vorne und auf geht`s durch manchmal metertiefen Gatsch hinaus in die Felder, wo die Wallache, die Stuten mit ihren Fohlen und die Hengste schon warten. Am besten im Abendlicht, wenn die Sonne tief steht und die Pferde besonders leuchten.
Natürlich gehören auch Ausmisten, Sattelpflege, Reitpfade und Paddock von großen Steinen befreien, Heu aufladen, Hufeisen sortieren, endloses Zusammenkehren auch dazu, und noch so, so viel mehr!! Glaubt mir, der Körper verändert sich schneller als in der Pubertät. 🙂
Mitte April startet auch die „lambing season“. Da werden wir den kleinen Lämmern ein bisschen helfen, auf die Welt zu kommen. Ich habe noch keine Ahnung, was dabei auf mich zukommt, spannend wird`s allemal.
Am späten Nachmittag lassen wir die Pferde raus aufs Feld, wo gewälzt, gesprungen und gespielt wird. Gegen 18:00 wird wieder gefüttert, meistens von dramatischen Sonnenuntergängen mit Blick auf die Westmännerinseln begleitet.
Danach ist die Kraft und das Energielevel meistens so gering, dass es nicht mal mehr für das Einschalten der Waschmaschine reicht. Auch dieser Beitrag hat etwas länger als geplant gedauert. Vielen Dank für deine Geduld liebe miia 🙂 .
Doch ist man auch noch so müde und kraftlos, die Vorhersage auf eine sternklare Nacht mit hoher Aurora-Aktivität, entlockt mir neue Kräfte. Und dann rück ich aus mit dem Landcruiser, Kamera und Stativ am Rücksitz. Mit den Zehenwärmern in den Schuhen aktiviert auf 38 Grad geht`s dann für mich auf Nordlichterjagd bis weit nach Mitternacht. Oder man fährt mit einer Superjeep-Tour rauf auf den Gipfel des Eyjafjallajökull, um den Nordlichtern noch näher zu sein.
Es ist immer wieder aufs Neue wie Magie, dieses außergewöhnliche Naturspektakel zu beobachten. Manchmal kann man sie sogar hören. Oder es sind die Elfen 🙂 . Jedenfalls ist es für mich immer etwas ganz Besonderes und ich bin dankbar, wenn ich in Ehrfurcht in den Himmel starre und diesen grünvioletten Lichtern unter den Sternen beim Tanzen zuschauen darf.
Wow, das war jetzt richtig kitschig. Aber soll ich euch was sagen? Das ist Island für mich. Ich kann es nur schwer in Worte fassen, was hier mit mir passiert, was Island mit mir macht. Es ist etwas ganz Schönes und Inniges, etwas absolut Positives und Antreibendes. Es ist Freiheit, vor allem im Kopf. Es ist für mich im Moment das absolut richtige Leben. Happy me 🙂 .
Es gäbe noch soviel zu erzählen. Über die Pferde, die Schafe, das Essen, über die riesige Freude und Aufregung, wenn man mal in den nächsten Supermarkt fahren darf, wie besonders es plötzlich ist, an einem Samstag Abend Pizza essen zu gehen …
Wie die Geschichte mit mir und Island enden wird? Vermutlich in einem Cottage im Norden Islands, mit ein paar Pferden vor der Haustür und natürlich einem Hot tub 🙂 . Irgendwann.
Die Tage verfliegen und es dauert nicht mehr lange, bis ich Mitte Mai wieder nach Österreich komme und in die Hochzeitssaison starte. Doch im Herbst geht`s wieder zurück auf die Insel. Dieses Mal in meinen geliebten Norden. Aber das ist eine andere Geschichte, und soll ein ander Mal erzählt werden 🙂 .“
miia: Danke, danke, danke Nicole für deine wunderschöne Geschichte und deine unfassbar schönen Sehnsuchts – Fotos. Ich hatte Tränen in den Augen, als ich deine Geschichte das erste Mal gelesen habe. Ich freu mich so sehr für dich. Happy you 🙂 . Hab noch eine feine Zeit und ich freue mich sehr auf ein Wiedersehen!