In Wien, hinter dem Alten AKH, in der Spitalgasse 3 um genau zu sein, befindet sich ein isländisches Wohnzimmer. Wenn du das „home café“ betrittst, hast du irgendwie das Gefühl, du bist mitten in einem großen Wohnzimmer. Links befinden sich gleich neben dem Eingang Kästen mit Mützen und Pullovern.
… vor dir eine lange Theke mit knusprigem Brot und tollen Keksen und einer riesengroßen Kaffeemaschine mit bunten Tassen, wie bei der Oma.
Rechts stehen Tische, weiter hinten findest du Sofas und Armstühle, wie in einem richtigen Wohnzimmer. Auf allen Tischen stehen frische Tulpen, da sind schon ein kleines bisschen Frühling und Sonnenschein eingezogen.
Der fehlenden Sonne in einem Tal in Island haben wir es zu verdanken, dass es seit ein paar Tagen dieses coole isländische Kaffee – und mehr – Haus in Wien gibt. Harpa und Steff (die ursprünglich übrigens aus Liechtenstein kommt und mit Harpa für einige Jahre im Nordwesten von Island gelebt hat) wollten mit den Kindern von Harpa in eine Gegend ziehen, wo sie mehr Sonnenschein sehen. Und haben sich Wien ausgesucht, weil sie viel Gutes über diese Stadt gehört hatten und Freunde auch da waren.
Im letzten August sind die beiden angekommen, haben sich im 18. Wiener Gemeindebezirk angesiedelt, wo es grün und ruhig ist, für die Kinder haben sie tolle Schulen gefunden. Im Dezember haben sie das Lokal dann entdeckt und – nach vielen Umbauarbeiten – Ende Februar unter dem wirklich passenden Namen „home café“ eröffnet.
Entspannt in einem Ohrensessel sitzend erzählt mir die 33 – jährige Steff von ihren Erfahrungen in Wien und ihrem Lokal. Ich habe sie gefragt, was denn das Besondere an diesem Café sei. „Ich finde, die Atmosphäre ist einzigartig. Das gibt es einfach nirgendwo. Also vielleicht in irgendwelchen netten Cafés in Reykjavík, irgendwo in Island. Jeder, der mal in Island in einem netten Lokal war, kennt diese kleinen Teppiche an der Wand und diese Pölster. Die haben wir alle aus Island mitgebracht. Wir haben sogar Steine aus Island nach Wien mitgebracht.“
Das kann ich nur unterschreiben. Ich fühle mich sofort pudelwohl und überlege, ob das nicht ein perfekter Platz zum Bloggen wäre? Mit einem guten Kaffee? Nicht nur Kaffee, wie ich höre. Das Angebot an Essen und Trinken ist eine gute Mischung aus Island und Wien. Alle Lebensmittel aus Island zu importieren wäre zu teuer, daher setzen die beiden auf eine gute Mischung. The best of both worlds, sozusagen. Einige Lebensmittel werden direkt aus Island importiert. Wie zum Beispiel frischer Fisch, der einmal in der Woche geliefert wird. „Wir haben auch isländisches Bier, die Leute lieben es! Wir wollten aber – wenn wir schon nicht alles isländisch haben können, zusätzlich etwas Wienerisches anbieten.“, ergänzt Steff.
Kontaktfreudig wie die beiden jungen Frauen offenbar sind, haben sie sich mit „Brew Age“ zusammengetan, mit 4 Jungs, die in München das Brauen gelernt haben und jetzt hier in Wien Bier herstellen. Ganz eine unkomplizierte Zusammenarbeit gäbe es hier, so Steff. Außerdem haben sie sich mit den Coffee Pirates angefreundet, die den besten Kaffee Österreichs machen. „Sie machen einen eigenen Roast für uns (home roast) und auch die Kaffeemaschine haben wir von ihnen gekauft.“
Sonst ist Steff sehr kreativ in ihrer Küche. Auch das habe sie in Island gelernt. „Wenn du in Island planst etwas zu kochen und dann in den Supermarkt gehst, bist du enttäuscht. Dann gibt’s nämlich vielleicht nicht genau das, was du dir überlegt hast. Da lernst du, kreativ zu sein.“ Überhaupt schwärmt Steff von der isländischen Küche, die sich in den letzten Jahren total verändert haben soll. „In Island wird das Essen immer toller. Sushi ist zum Beispiel der volle Trend und wird sehr kreativ angeboten. Jetzt gerade gab es den ersten Michelin-Stern in Island! Es gibt dort einfach das beste Lamm, den frischesten Fisch, Fohlen schmeckt auch voll gut, wenn man das mag. Diese Tiere rennen den ganzen Tag draußen rum und fressen Kräuter am Meer und am Berg, diese Tiere leben ein wirklich gutes Leben.“
Wenn ich schon so eine erfahrene Islandkennerin neben mir sitzen habe, hätte ich gerne noch gewusst, welche Unterschiede sie denn zwischen Österreich und Island sieht. Steff beantwortet mir diese Frage: „Das erste, was mir da einfällt ist die Anonymität. In Island ist man nicht anonym, auch wenn man nicht gleich weiß, wer wer ist. Man ist sich nicht egal. Wenn ein Auto am Straßenrand steht, dann schaust du, ob etwas passiert ist. In Island sind halt auch viele miteinander verwandt. Wenn man irgendwas braucht, fragt man mal herum und vielleicht kennt die Ex-Schwiegermutter wen, der da einen Sohn hat, der wieder wen kennt 🙂 … in Island hat man die Einstellung, es gibt keine Probleme, es gibt nur Lösungen. Man ist sehr entspannt.“
Und wie sieht die junge Frau Wien? „Wien ist sehr multikulti und sehr offen. Find ich voll cool. Ich quatsch oft Leute an, und die sind einfach total offen. Da ergeben sich teilweise echt tolle Gespräche. Ich finde es auch super, wie gut sie unseren Fisch finden, ich hätte das nicht erwartet.
Etwas, worüber wir fast schon Witze machen, ist die extreme Bürokratie hier. Ein Beispiel? Wir mussten hier in Österreich die Geburtsurkunden der Kinder vorweisen. In Island haben wir so etwas aber nicht. Das hat den Grund, dass die Isländer ihren Kindern den Namen erst Wochen nach der Geburt geben! Die Isländer finden es seltsam, dem Kind gleich einen Namen geben zu müssen, weil du ja noch gar nicht weißt, wie das Kind drauf ist. Ist es mehr eine Anna oder eine Brigitta? Deshalb haben wir einfach keine Geburtsurkunden. Aber die isländischen Behörden kennen dieses Thema natürlich und haben uns eine Mail geschickt mit einer Geburtsbestätigung. Das hat den österreichischen Behörden aber nicht gereicht und wir mussten ein Original per Post geschickt bekommen. Ein Original, das es eigentlich gar nicht gibt?
Und wie stehen die beiden Frauen zu Islandpferden? Steff lacht: „Harpa hat Angst vor Pferden. Ich bin in Island 3 oder 4 Mal reiten gegangen.“
Ob sie in Österreich bleiben werden? Steff wird nachdenklich. „Vielleicht 5 Jahre? Oder länger? Das wissen wir noch nicht. Ich selbst hab noch nie länger als 3,5 Jahre an einem Ort gelebt. Wahrscheinlich werden wir irgendwann wieder zurück nach Island gehen.“
Steff ist ein bisschen müde. Aber sie sagt, es fühlt sich nie wie Arbeit an, im „home café“ zu kochen.
Und soll ich euch was sagen? Es fühlt sich auch überhaupt nicht fremd an, dort zu sein. Ich glaub, ich werde dort öfter einen Kaffee trinken. Vielleicht werden dort miia – Artikel geschrieben? In einem gemütlichen isländischen Ohrensessel?
Würde mich übrigens freuen, euch zu sehen!
Das Lokal ist nur sonntags geschlossen, Montag, Dienstag, Mittwoch ist es bis 22h und an den restlichen Tagen bis 24 Uhr geöffnet.
Danke liebe Steff, dass du mir eure Geschichte erzählt hast. Ich liebe solche Geschichten. Ich liebe Geschichten von mutigen Menschen, die sich etwas trauen. Ich wünsche dem home café das Allerallerbeste. Und freu mich auf ein Wiedersehen 🙂 .