Was meinen Ausflug in die Welt des Rechtes betrifft, so bin ich euch noch etwas schuldig geblieben. Vor einiger Zeit war ich bei Nina Ollinger, einer auf Pferderecht spezialisierten Rechtsanwältin zu Besuch und hab ihr ein paar Fragen zum Thema Verschulden, Haftung und Versicherungen gestellt. Erinnert ihr euch?
Da hat mich aber noch etwas interessiert: Wenn du in Reitställen herumspazierst, findest du meist Schilder oder Zetteln im Stall aufgehängt, die in der einen oder anderen Form klar machen, dass alles was du tust auf eigene Gefahr geschieht. Halte ich ja eigentlich für gut. Den Kopf einzuschalten und selbst Verantwortung zu übernehmen scheint mir enorm wichtig. Und diese Schilder im Stall bringen einem das schon wieder ein bisschen ins Gedächtnis. Man kann nicht immer andere verantwortlich machen, wenn etwas passiert.
Oder etwa doch? Wie sieht es aus mit so einem Schild? Kann es tatsächlich einen Stallbesitzer von jeder Verantwortung befreien? Und wie sieht es eigentlich aus, wenn ein Kind bei einem Ausritt vom Pferd fällt und ein Reitlehrer dabei ist? Ist er immer schuld? Kann man echt alle Verantwortung abgeben? Das mag vielleicht kein sehr sympathisches Thema sein. Aber es ist besser, sich vorher damit auseinanderzusetzen, als erst dann, wenn etwas passiert ist. Und man im schlimmsten Fall in einem Verhandlungssaal vor einer Richterin sitzt.
Weil die Kopf – in – den – Sand – Methode nicht meine ist, hab ich diese Fragen Nina Ollinger gestellt:
miia: Können mich als Reitstallbesitzer eigentlich Schilder wie „Umgang mit Pferden auf eigene Gefahr“ vor einer Haftung retten?
Nina: „Das beschränkt die Haftung leider gar nicht. Das hilft nicht. Ich muss in der Art und Weise, wie ich meinen Reitbetrieb leite und führe, einfach darauf aufpassen, dass niemand zu Schaden kommt und ein verstaubtes Schild an der Wand, das niemand beachtet und an das sich sowieso niemand hält, hilft mir sicher nicht, die Haftung zu beschränken. Hier geht es wirklich darum, wie die Pferde verwahrt sind, wie die Boxen, wie der Reitlehrer ist. Was sagt er zu den Kindern auch beim Reiterlager? Wo dürfen sie herumlaufen? Nur ein Schild an der Wand wird mir da nicht helfen.“
miia: Und noch eine kleine Frage: Wie ist das eigentlich bei Reitlehrern? Haften Reitlehrer, wenn zum Beispiel ein Kind beim Ausritt runter fällt und sich verletzt?
Nina: „Das kommt darauf an. Der Reitlehrer hat einen erhöhten Sorgfaltsmaßstab. Er wird an einem objektiven Fachmann gemessen. Er muss entscheiden, wie weit das Kind ist, ob es überhaupt auf ein Pferd darf, ob es ausreiten gehen darf, ob es heute ausreiten darf, ob es mit genau diesem Pferd ausreiten darf. Er muss sich alles anschauen, auch die Ausrüstung. Wie ist das Gesamtpaket? Das ist die Grundentscheidung eines Reitlehrers. Dann kommt die Strecke. Welcher Weg, in welcher Gangart, soll das Kind hinter mir oder vor mir reiten und wie viele Kinder nehme ich mit? Also man sieht schon, da kann man leider viel Haftungspotenzial ableiten.“
miia: Und wenn der Reitlehrer aber alles perfekt entschieden hat … wovon wir ausgehen?
Nina: „Und das Kind fällt runter? Dann wird hier wahrscheinlich eher keine Haftung entstehen. Weil dass ich beim Sport eine Verletzung davon tragen kann, das ist Fakt. Das ist beim Fußball auch so. Diesen Grundsatz gibt es generell, nicht nur beim Reiten. Ich mache Sport, und gehe damit das Risiko ein, dass ich verletzt werde. Und dieses Risiko trägt das Kind bzw. tragen die Eltern. Haften muss der Reitlehrer nur dann, wenn wirklich ein persönlicher Fehler vorliegt.“
miia: nota bene: Zu diesem Zweck gibt es übrigens Reitlehrer – Haftpflichtversicherungen.
miia: Ganz herzlichen Dank liebe Nina! Es geht wohl für alle um wirklich verantwortungsvolles Handeln. Bei Reitlehrern und Stallbesitzern ohnehin. Aber genauso bei uns Reitern. Man kann nicht immer andere Menschen für einen Schaden verantwortlich machen. Da muss man sich schon auch mal an der eigenen Nase nehmen … in diesem Sinne: passt gut auf euch und eure Pferde auf 🙂 !