Marie, ruf die Polizei

Guten Morgen! Nun haben uns wohl (fast) alle „Zeitinanspruchnehmer“, wie Schule, Arbeit und so weiter wieder, eine Tatsache, die mich zwar nicht glücklich, aber auch nicht misslich stimmt, freue mich doch auf hunderttausend Mails in meinem Posteingang. Bevor ich mich aber ins Vergnügen stürze, muss ich euch noch erzählen, wen ich noch auf meiner Heimreise von Kärnten nach Wien getroffen hab. Die Geschichte war lustig, hab ich doch letzte Woche mal in einem Beitrag erzählt, ich sei in Kärnten. Kristina hat diese Zeilen gelesen und mich angeschrieben, ob ich es nicht einrichten könnte, bei ihr und ihren Islandpferden vorbei zu kommen, wenn ich schon mal in der Nähe sei. Mach ich ja äußerst gern, miia on tour – Besuche. Und so kam ich auf meiner Heimreise von Kärnten nach Wien nach Grafenstein. Mein lieber Mann war mit von der Partie.

In Grafenstein, kurz nach der Autobahnabfahrt siehst du den Bauernhof sofort. Einen großen, schönen gelb angestrichenen Hof, mit Koppeln und einigen Islandpferden. Da müssen wir richtig sein, dachten wir uns und haben uns mal eingeparkt.

Der Tapehof in Grafenstein

„Wir sind ein kleiner Privatstall“, hatte mir Kristina geschrieben. Nun, als wir den Tapehof betreten, sind gerade drei Frauen mit dem Ausmisten beschäftigt.

Kristina kommt freundlich lächelnd auf uns zu und begrüßt uns. Sie macht uns zunächst einmal mit den 7 Islandpferden bekannt, die hier leben. Ooooder besser, so mancher Isländer macht sich selber bekannt, so hat der liebe, dunkelbraune Dagfari beschlossen, mein Freund zu werden und mich überall hin zu begleiten. Den Kopf legt er mir gleich mal auf die Schulter, ich werte das als eine Freundschaftsanfrage, auch wenn mich Pferdespezialisten jetzt vielleicht auslachen werden. Sei`s drum, ich hab jetzt einen Freund in Grafenstein.

Auf der Koppel lerne ich auch die erst 2-jährige Álfadís kennen, ein Pferd, das im miia-Adventkalender zu sehen war und ich kann euch gar nicht sagen, wie schön es ist, die Tiere, deren Foto ich bekommen habe, dann in Wirklichkeit zu sehen. Álfadís geht es ausgezeichnet, sie scheint auch quasi vor Neugierde umzukommen, wer denn diese fremden Menschen da sind.

Dagfari gehört übrigens Ilse, die den kleinen Islandpferdehof betreibt. Ich lerne Ilse gleich kennen und gleichzeitig mit ihr auch Marie, ein 14-jähriges Mädchen, das bei der Stallarbeit und beim Reiten der Pferde hilft. Marie hat (noch) kein eigenes Pferd, das könnte aber noch werden (an den dazu notwendigen Ich – brauche – ein – Pferd – Drama – Auftritten muss allerdings noch ein bisschen gearbeitet werden 🙂 ). Marie ist eine Meisterin der Zirkuslektionen. Am Islandpferdehof Köck habe sie ein Shetlandpony quasi wirklich auftrittsreif dressiert. Aber auch sonst sei sie eine sehr, sehr talentierte junge Reiterin, wie mir alle versichern.

Dann kommt auch noch Nina dazu, eine lachende, sympathische junge Frau mit einer Wollhaube am Kopf, die in Kürze Mutter wird und ein bisschen unter dem Reitentzug leidet 🙂 .

„Jetzt sind wir alle. Gehen wir einen Kaffee trinken in unser Stüberl?“ Na klar, die Temperaturen laden trotz strahlenden Sonnenscheins nicht wirklich dazu ein, lange draußen zu bleiben. Im Stüberl setzen wir uns um einen gemütlichen Tisch herum, trinken Kaffee, essen Kekse und ich erfahre, wie das denn hier so alles funktioniert. Also. Ilse, der der alte Bauernhof gehört, hat vor vielen Jahren der Pferdevirus befallen. Zunächst wurden einmal 2 trächtige Stuten gekauft, um ihrer Tochter und sich selbst das Reiten auf Islandpferden zu ermöglichen, später dann habe mal sie 3 Minishetties aus einer Garage gerettet, die sind jetzt aber nicht mehr da. Dann war auch mal ein Großpferd am Tapehof, das ist auch nicht mehr da … kurzum, zur Zeit gehören Ilse 2 Islandpferde. Dann kam Kristina dazu, die mit ihren 3 Islandpferden einen wunderbaren Platz bei Ilse gefunden hat. Und dann noch Nina, die in ihrem jungen Leben schon an vielen verschiedenen Höfen (im In-und Ausland) gearbeitet hat, mit 2 Pferden. Und die junge Marie hat sie zur Unterstützung gleich mitgebracht. Und diese 4 Frauen teilen sich nun seit einigen Jahren die Arbeit am Islandpferdehof auf.

Sie alle haben noch andere Berufe, die sie auch noch in Anspruch nehmen. Der Mann von Ilse und der Vater von Kristina helfen übrigens auch mit. Wie eine große Familie teilt man sich die täglichen Arbeiten, das Füttern, das Ausmisten und alles weitere gut auf. Sogar das Viereck wurde selbst errichtet!

Großes Viereck

Man könne sich eben aufeinander verlassen, spreche sich gut ab und alles funktioniere wunderbar. Diese 4 Frauen sind sich einfach einig und das merkt man. Sie erzählen lachend einige Geschichten. Etwa wie Kristina vor einigen Jahren ihren Schecken Stormur bekommen hat. Ich sag nur: Dramaqueen 🙂 ! Sollte jemand Fragen haben zum Thema „Wie überzeuge ich meine Eltern davon, dass ich ein Pferd brauche“ – bitte bei Kristina nachfragen.

Drama ohne Queen haben aber auch Nina und Marie schon erlebt. Es war letzten Sommer. Ninas Pferd Þridi hat nämlich beim Heimtransport nach einem Kurs in einem anderen Reitstall einfach mal auf der Autobahn beschlossen, den Anhänger zu verlassen. Er hat sich das Halfter selbst ausgezogen. Wie er das „Hinausklettern“ geschafft hat, weiß bis heute niemand. Nina, eine sehr erfahrene Pferdeanhänger – Fahrerin, hatte von all dem nichts bemerkt und wurde von einem nachfahrenden Auto gewarnt, dass da was nicht stimme. Der Fahrer sei neben ihr gefahren, habe gehupt und gedeutet, dass da ein Pferd ausgestiegen sei. Im Schock hat Nina ganz ruhig zur neben ihr am Beifahrersitz sitzenden Marie gesagt. „Marie, ruf die Polizei, da ist ein Pferd auf der Autobahn.“ Þridi wurde grasend am Autobahnrand gefunden. Mit einer großen Fleischwunde am Bein, sonst waren äußerlich aber keinerlei Verletzungen zu sehen. „Marie, ruf die Polizei an, das Pferd ist gefunden.“ Wie durch ein Wunder ist niemand sonst zu Schaden gekommen.

Sicherheitshalber begleitet von einem anderen Auto habe man Þridi zum Tapehof gebracht, der Tierarzt habe das Tier sofort durchgecheckt und die Wunde genäht. Sah alles glimpflich aus.

Leider habe sich aber in den nächsten Tagen Þridis Zustand, der aufgrund der Verletzung auf einem Einzelpaddock stand, sehr verschlechtert. Er aß nichts mehr, trank nichts mehr, magerte ab – so schlimm, dass weitere Untersuchungen angestellt wurden. Es stellte sich heraus, dass sein Sturz aus dem fahrenden Anhänger nicht ohne schreckliche Folgen geblieben ist: Sein Oberschenkel war gebrochen.

To cut a long story short: Þridi ist ein echter Kämpfer. Er wollte wieder zurück in seine kleine Herde und wurde von dieser beschützt. Seine Psyche hat sich erholt und mit dieser heilte auch sein Bruch. Natürlich nicht ohne viele Therapien, ärztliche und physiotherapeutische Hilfen und Rundumversorgung durch die Menschen am Hof. 

Ich hab ihn gesehen – unglaublich. Er ist heute ein wunderschöner, gesunder Wallach, der sein Leben mit seinen Freunden genießt. Mit dem Reiten wird man aber noch eine Weile warten. Mir ist ehrlich gesagt ein bisschen der Mund offen geblieben bei dieser Geschichte. 

Nina und Þridi- alles gut

Auf der Heimfahrt hat mein Mann nachdenklich gesagt, er habe sich immer gewundert bei Radiodurchsagen, die vermelden, dass ein Pferd auf der Autobahn sei. Er meint, sich daran sogar erinnern zu können. Dass diese Geschichte so ausgegangen ist, ist ein unfassbares Wunder. Wieviel Schutzengeln dieses Pferd wohl begleitet haben?  

Nach all diesen Geschichten (das waren bei weitem nicht alle 🙂 ), haben wir uns auf den langen Heimweg nach Wien gemacht. Eine wunderbare Islandpferdefamilie durfte ich da kennenlernen. Und bald wird diese Familie ein neues Familienmitglied bekommen. Ilse freut sich schon darauf, bald eine Leihoma zu werden. Und Ninas Sohn? Der wird wohl früher reiten können, als gehen. Da bin ich ganz sicher. 

Nina, Katharina, Kristina, Ilse und Marie von li nach re

Danke, dass ich euch besuchen durfte!

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