Ich hatte schon viel gehört von Catherine. Catherine Gratzl ist keine Unbekannte in der österreichischen Islandpferdeszene und da dachte ich mir, wenn ich schon einen ganzen Tag Zeit habe, fahre ich noch weiter gen Westen. Vom Gut Dietersberg waren es ungefähr noch 2 Stunden durch die herbstliche Landschaft zum Hof in der Reischau. Zu dem Hof, den Catherine Gratzl gemeinsam mit ihrem Mann Markus liebevoll und sehr durchdacht betreibt.
Als ich ankomme (mit Verspätung – ich gesteeeeh`s 🙂 ), kommt die sympathische Catherine mit ihrer Mitarbeiterin (und Freundin, wie ich mir gleich denke 🙂 ) Moni auf mich zu und wir begrüßen einander. Gleich am Parkplatz fällt mir ein abgesteckter Paddock auf. „Unser Verkehrsübungsplatz“, erklärt Catherine schmunzelnd, als sie meinen erstaunten Blick sieht. „Bei uns werden Pferde in allen Bereichen ausgebildet und da gehört nun mal auch dazu, dass sie sich an Autos gewöhnen. Wenn sie direkt aus Island kommen, kennen sie die oft nicht“, wird mir erklärt. Wir überqueren den Parkplatz und gehen gleich mal an den Stallungen vorbei zu den Weiden, auf denen glückliche Isländer im beginnenden Sonnenuntergang zufrieden grasen.
Auf der rechten Seite entdecke ich gleich mal einen besonders hübschen Hengst, mit dem Moni gerade vorletzte Woche ihren Übungsleiterkurs in Weistrach absolviert hat. Er heißt Kaleikur frá Grafarkoti. Die Natur rundherum ist wunderschön. Herbst as Herbst can be. Und was mir auffällt, während ich so dastehe und die hübschen Tiere beobachte – es ist ganz ruhig hier. Kein Autolärm, keine Motorengeräusche. Nur das Schnauben der Pferde.
Unter den Islandpferden findet sich auch ein Großpferd. Monis Pferd. Diese arbeitet seit ca. 2 Jahren Vollzeit mit Catherine zusammen. Sie kümmert sich vor allem um die Beritt- und Verkaufspferde, während sich Catherine mit Leib und Seele dem Unterrichten verschrieben hat.
Wenn Catherine über ihr Unterrichtskonzept spricht, leuchten ihre Augen. Sie arbeitet auch als Sportpsychologin und kann ihr großes Wissen über die Psyche im Sport großartig mit ihrem Reitunterricht verbinden. Damit das gelingt, hat sie sich ein Unterrichtskonzept überlegt, das ich so noch nicht gehört habe. Bucht man ihren Unterricht, kommt Catherine nicht nur einmal, sondern mindestens 3 oder 4 Mal auf einen Reiterhof. Immer zu einer konstanten Gruppe. Unterrichtet wird aber nur im Einzelsetting. Damit zwischen den einzelnen Modulen weitergearbeitet wird und auch ein gewisser Lernfortschritt garantiert werden kann, bekommen die Schüler Trainingsaufgaben. Und zwischendurch müssen sie dann an Catherine ein Video schicken. So sieht die Trainerin, ob sich ihr Schützling auf dem richtigen Weg befindet. Genauere Informationen zu diesem modularen Unterrichtssystem findet ihr hier.
Wir spazieren weiter und ich darf die Stallungen besichtigen. Alles wirkt sehr gepflegt und aufgeräumt. Catherine ist eine sehr überlegte Frau. Alles hat einen Plan und ein Konzept. Die Pferde, die ihr anvertraut werden, bekommen 6 Mal am Tag zu fressen. Und weil sie sich, wenn sie da ist, immer selber drum kümmert, kennt sie jedes Tier sehr genau.
Wir gehen weiter und besichtigen die Halle, die vor dem Einzug von Catherine und Markus ein Schweinestall war. Kaum zu glauben, dass aus dem Schweinestall eine derart schöne Halle geworden ist. Ich lasse meinen Blick schweifen und entdecke an einer Wand einen Spruch, mit dem Catherines Mitarbeiterinnen sie einmal überrascht haben.
Die Sonne taucht das Anwesen bereits in ein rotes Licht, als wir das großzügige Wohnhaus betreten, in dem Catherine und Markus auch ihre Büros untergebracht haben. Dort warten bereits Kaffee und Apfelkuchen auf mich. Extra von der Mitarbeiterin Laura gebacken, bei der ich mich jetzt im Nachhinein ganz herzlich dafür bedanken möchte … sensationell super Kuchen 🙂 ! Wir plaudern noch lange. Bis es stockdunkel draußen ist. Catherine erzählt über ihre Philosophie, ihr Leben und ihre Pläne. Darüber, wie wichtig sie es findet, sich auch von anderen Pferdedisziplinen etwas abzuschauen und eng mit ihnen zusammenzuarbeiten. Auch in wirtschaftlicher Hinsicht können Kooperationen allen helfen. Bereichernd und schön findet sie das.
Ich habe viel über sie erfahren und von ihr gelernt. Wusstet ihr, dass Catherine Weltrekordhalterin im Speedpass P3 ist und dieser Geschwindigkeitsrekord bis heute nicht gebrochen wurde? Hab sogar einen Artikel darüber gefunden.
Aber all diese Turniererfolge sind heute in ihrer Wichtigkeit in den Hintergrund getreten. Im Vordergrund stehen ihre Schüler und die Pferde. Am Ende frage ich Catherine, was denn das Schönste an ihrem Beruf sei. „Für mich ist das Schönste – auch wenn ich ein ganz anstrengendes Wochenende habe mit Kurs und 10 Stunden Unterricht – dass ich mich nach zwei Tagen ins Auto setze und glücklich bin. Es ist einfach meine Arbeit, die mir so viel Freude macht. Es ist ein Privileg, das weiß ich, diese Selbstbestimmtheit und die Freiheit, die ich habe. Meine Arbeit hat vielleicht global betrachtet keine große Relevanz. Wie zum Beispiel die Arbeit eines Arztes oder eines Bauingenieurs oder so. Aber sie macht die Menschen glücklich. Und das macht wiederum mich sehr, sehr glücklich.“
Es ist schon sehr spät, als ich aufbreche in Richtung Wien. Viele Dinge, die Catherine gesagt hat, klingen noch im Auto in meinem Kopf nach. Danke Catherine für die tolle und interessante Zeit bei dir. Ich freue mich auf ein Wiedersehen!
Und so ging er zu Ende, mein 1. November. Ein toller Tag – ein myIcelandInAustria – Tag 🙂 …