Richter zu sein bei einem Islandpferdeturnier ist nicht immer leicht. Das denke ich mir oft beim Zuschauen. Bei Wind und Wetter, oft zwei oder drei ganze Tage lang, harren sie aus, um die Leistungen von vielen Reitern und Pferden zu beurteilen. Aber genau das soll auch ziemlich viel Spaß machen, wie ich schon gehört habe. Und Gott-sei-Dank gibt es Menschen, die sich einer ziemlich schwierigen Ausbildung unterziehen, um genau das zu werden. Richter im Islandpferdesport. Eine, die es erfolgreich geschafft hat, ist Hannah Chmelik. Ich hab das erfahren und mir gedacht, ich frag sie mal, wie sie auf die Idee gekommen ist, Richterin zu werden. Und noch ein paar Dinge mehr. 🙂 .
miia: Warum wolltest du überhaupt Richterin werden?
Hannah: Schon seit einigen Jahren bevorzuge ich es an einem der Tische im Inneren der Ovalbahn zu sitzen, um die schönsten Pferde des Landes zu betrachten … Natürlich nicht als Richterin, sondern ich habe ganz oft freiwillig den mehr oder weniger dankbaren Job der Richterschreiberin angenommen. Die Gründe dafür sind ganz einfach zu erklären. Erstens: mich hat schon immer interessiert, wie diese 4,5er, 6,5er oder gar 8,0er zustande kommen, also was da dahinter steckt. Zweitens wollte ich immer herausfinden, worauf denn diese „wichtigen Menschen“ in der Mitte der Bahn Wert legen. Ist es nur wie hoch dein Pferd die Beine bewegt? Oder kannst du auch Punkte rausholen, wenn du deinen Sitz verbesserst? Wie wichtig ist es, dass dein Pferd im korrekten Tempo ist? Muss mein Pferd die Hinterhand gut einsetzen, um hohe Punkte zu erreichen? Drittens: So schlau wie ich bin, hab ich dieses Wissen natürlich genutzt um meine eigenen Performances auf Oval- und Passbahn zu verbessern 🙂 ! Viertens: Ich liebe es einfach, schön gerittenen geschmeidigen Pferden zuzuschauen, wie sie sich bewegen und manchmal sogar den Eindruck erwecken über die Bahn zu fliegen. Dies in Ruhe vom Inneren der Bahn zu betrachten, war und ist für mich schon Grund genug den Richterschreiber-Job so oft es geht anzunehmen und in weiterer Folge war es auch einer der Hauptgründe, warum ich die Richterausbildung begonnen habe. Um nicht nur schöne Leistungen zu sehen, sondern auch mit guten Noten zu belohnen.
miia: Wie wird man denn nun Richterin? Wie lange dauert das und welche Aufgaben sind da zu erfüllen?
Hannah: In Österreich wird es so gehandhabt, dass man mit der Ausbildung zum nationalen Sportrichter mit 21 Jahren starten darf. Wenn man sich dazu „berufen“ fühlt und entweder erfolgreich im Sport reitet oder den Islandpferdereitinstruktor besitzt, kann man sich grundsätzlich bewerben. Dann heißt es richterschreiben was das Zeug hält, Leitgedanken als „Zubettgeh-Lektüre“ verinnerlichen, bei Islandpferdezertifikaten dabei sein, Kurse machen und so weiter.
Was die genauen Anforderungen sind, kann man aber jederzeit im OEPS Reglement nachlesen, aber damit möchte ich euch nicht langweilen. Ich habe mit 21 Jahren angefangen mit dem regelmäßig Richterschreiben und Lernen, jetzt bin ich 24.
Wenn diese Aufgaben, die vom OEPS gestellt sind, alle erfüllt wurden, dann darf man bei der Richterprüfung antreten. Uli Fertsak und ich haben uns getraut unsere nationale Prüfung bei der internationalen FEIF Richterprüfung zu machen. Eine Erfahrung, die mir vermutlich ewig in Erinnerung bleiben wird. Die Anspannung und Ungewissheit wie das wirklich laufen wird, was für Pferde kommen, wie die Qualität der Pferde ist, usw. war fast nicht auszuhalten. Da fokussiert zu bleiben und sich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen war gar nicht so leicht. Da wir aber super vorbereitet waren und wir gewusst haben, dass wir das können, haben wir bis auf einen kleinen Patzer meinerseits eine tolle Prüfung hingelegt. Ich muss sagen, ich bin fast ein bisschen stolz, das hinbekommen zu haben … Eines der aufregendsten und anstrengendsten Wochenenden meines Lebens, wie gesagt eine Erfahrung, die man nie vergisst. Dann war da noch die Theorieprüfung in der Spanischen Hofreitschule und mein „Nachsitzen“ beim Turnier in Semriach. Jedenfalls bin ich echt froh, dass jetzt die Aufregung vorbei ist. Ein turbulentes Jahr war das 🙂 !
miia: Was war das Schwierigste daran?
Hannah: Das Anspruchsvollste ist wirklich die Nerven zu bewahren, fokussiert zu bleiben, seinem Gefühl zu vertrauen und ganz wichtig war für mich auch, dass ich mich nicht von irgendwem verunsichern lasse.
miia: Was waren die schönen Seiten? Wobei hast du am meisten gelernt für dich persönlich?
Hannah: Am Schönsten war, als ich das erste Mal bei einem Turnier das Gefühl hatte „jetzt hab ich es verstanden“. Wenn die Noten, die du dem beisitzenden Richter vorschlägst korrekt sind und du mit international erfahrenen Richtern über Einzelnoten fachlich diskutieren kannst, das finde ich super spannend. Ich denke, ich habe durch diese Ausbildung eine weitere neue Blickrichtung auf das Training mit meinen Pferden und vor allem im Unterricht bekommen. Ein wahnsinnig positiver Aspekt, für den es sich sehr gelohnt hat. Und am allermeisten hat es Spaß gemacht von den Besten zu lernen. Wenn er nicht schon graue Haare hätte, dann hätte Einar Ragnarsson in den letzten Jahren sicherlich das eine oder andere wegen mir bekommen. Er war es nämlich, der all meine teilweise „doofen“ Fragen am Anfang und meine ersten Versuche Noten zu geben abbekommen hat. Aber er hat es mit ganz viel Geduld dann doch geschafft, es mir beizubringen, dafür bin ich ihm ewig dankbar! Weiters habe ich mir viel abschauen dürfen bei Usi Jelinski, Valdimar Auðunsson, Christian Reischauer und Johannes Hoyos. Es ist echt ein Segen, solch gute Richter in unserer Nähe zu haben und von ihnen lernen zu dürfen.
miia: Möchtest du in Zukunft in Österreich richten?
Hannah: Das wäre natürlich der Plan. Da ich aber vorhabe, weiterhin selber auf vielen Turnieren zu starten, wird man erst sehen wie sich das arrangieren lässt. Ich freue mich aber jedenfalls jetzt schon riesig auf meinen ersten Einsatz.
miia: Was sind deine eigenen Grundsätze beim Richten, denen du treu bleiben möchtest?
Hannah: Mir ist jetzt mal wichtig den Richteralltag kennen zu lernen, eine klare Linie zu verfolgen und vor allem fair zu sein. Ein wichtiger Grundsatz für mich ist es, mich regelmäßig fortzubilden, zu diskutieren und meine fachliche Kompetenz immer mehr zu erweitern. Ich steh ja schließlich erst am Anfang und man lernt nie aus, hab ich mal gehört 🙂 .
miia: Herzlichen Dank, liebe Hannah für dieses Interview. Und danke für die Fotos! Man lernt nie aus, das stimmt wohl. Aber eine klare Linie verfolgen und fair sein zu wollen, hört sich schon nach einem superguten Anfang an 🙂 ! Meinen allerherzlichsten Glückwunsch zur bestandenen Prüfung!