Das erste Mal im Tölt

Wie sagt man so schön? Es is a bissl „dicht“ zur Zeit. Womit man keinesfalls auf einen zu hohen Alkoholspiegel hindeuten möchte, sondern auf die Tatsache, dass man über gar keine bis wenig freie Zeit verfügt. Geht mir gerade so. Ein beruflicher Termin jagt den anderen, sogar die Abende sind zur Gänze verplant – die Wochenenden ebenso – gefühlt bis Weihnachten. Schade, denn da läuft der wunderschöne Herbstanfang an mir vorbei, ohne dass ich ihn wirklich sehen kann. Obwohl ich den doch so liebe! Gut, ich notiere mir, nächsten September nur fürs Seelebaumeln unter bunten Bäumen in der Herbstsonne reservieren. Rooooot im Kalender notieren 🙂 !

Wenn das Leben so an einem vorbeirast, dann hat das aber noch einen Nachteil. Man hat kaum Zeit für die Menschen, die einem wirklich, wirklich wichtig sind. Die eigenen Eltern zum Beispiel. Vielleicht kommen sie mir gerade deshalb heute in den Sinn. Sie sind immer da – wie selbstverständlich im Hintergrund. Wenn Not am Mann ist, sind sie die ersten die helfen. Ich muss in diesem Zusammenhang an ein lustiges Erlebnis vor ein paar Wochen denken. Meine Mutter, sie ist früher viel auf Großpferden geritten, ist extra mit dem Zug aus Kärnten nach Wien gekommen, um einmal – das allererste Mal in ihrem Leben – tölten zu können. Seltsam. In all den Jahren davor hat sich das nie ergeben. Nach meinem Sommerurlaub war es soweit. An einem Sonntag Nachmittag stand die Pensionistin mit ihren roten Haaren, einem ausgeborgten Helm, in Jean und Turnschuhen am Sachsengang und hat – begleitet von vielen gutgemeinten Tipps von Tochter und Enkeltochter plus deren Freundinnen –  Náma erklommen. In der Halle. Was schon lustig war, weil auf so einem kleinen Pferd ist sie noch nie zuvor gesessen. Nach einer langen Zeit im Schritt, um sich an das Pferd zu gewöhnen (Leonie und ich waren auf Schritt und Tritt hinter und neben ihr her) haben wir ihr gesagt, sie möge doch jetzt bitte antölten. Ich muss lächeln, während ich diese Zeilen schreibe. Weil ich an das Gesicht denken muss, das sie gemacht hat, als Náma zu tölten begonnen hat. Als hätte das Tier gespürt, dass es vorsichtig sein muss. Náma hat den Übergang derart langsam für meine Mutter gemacht, dass diese sich gar nicht sicher war, ob das jetzt schon Tölt ist … Als wir das bejaht haben und Náma erlaubterweise an Tempo zugelegt hat, hat meine Mutter gelächelt. „Mei, ist das schön“, hat sie gesagt.

Anstrengend war es aber dann doch. Eine kleine Runde im Gelände begleitet vom Enkelkind und deren Freundinnen war dann ein richtig netter Abschluss dieses ersten Tölterlebnisses.

Ich habe gelernt: es ist nie zu spät, um mit dem Tölten zu beginnen. Ich finde einfach, das muss man mal erlebt haben.

So, und jetzt ab in die U-Bahn. Nach dieser kurzen miia-Entspannung hat mich der megavolle Alltag wieder. Darf nicht vergessen, in einer Pause mal meiner Mutter zu schreiben. Ich hoffe, es geht ihr gut.

 

 

 

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