A gsundes Selbstvertrauen

Ich hab gerade ein traumhaft schönes Wanderwochenende in der Südsteiermark hinter mir und auf dem Heimweg im Auto hatte ich endlich mal lange genug Zeit, mir ein Interview anzuhören, das ich vor etwa drei Wochen aufgenommen habe. Ich habe mich in Weistrach nämlich mit Toni unterhalten. Toni Amend. Ein Mann, dessen Stimme jedem Islandpferdereiter bekannt ist, der schon mal bei einem größeren Turnier war. Er ist es, der hinter der Rechenstelle und einem Teil der Organisation steckt. Er ist es, den man in der Meldestelle antrifft und der immer einen Überblick über das Turnier und die geltenden Regeln hat. Er ist es, über den man hie und da Reiter diskutieren hört. Er ist ein Mann „mit breiten Schultern und gsundem Selbstvertrauen“, wie er selber von sich sagt. Wer steckt aber hinter dieser Stimme? Ich wollte das genauer wissen und hab ihn um ein Interview gebeten. Ich bin ihm sehr dankbar, dass er mir sehr viele Geschichten und auch die eine oder andere persönliche Weisheit mitgegeben hat. Aber lest selbst. Das Interview mit Toni Amend:

miia: Wie bist du eigentlich zur Organisation von Turnieren gekommen?

Toni: Das ist eine lustige Geschichte. Es war um 2000 herum, da war das letzte Turnier am Panoramahof, es war furchtbar schlechtes Wetter und ich wollte dort eigentlich als Reiter starten. Die vorgesehene Sprecherin war ein bisschen krank und da hat man mich gefragt, ob ich nicht sprechen könnte. Ich hab dann kurzerhand eine Schülerin von mir auf mein Pferd gesetzt und ihr gesagt, dass sie reiten soll und ich hab die Moderation übernommen. Naja, das war das erste Mal.

miia: Und wie ist es dir da gegangen?

Toni: Gut. Ich hab da überhaupt keine Berührungsängste bei solchen Sachen. Ich hab ein gsundes Selbstvertrauen. Breite Schultern und ein gsundes Selbstvertrauen. Das ist sehr hilfreich in dem Job. Ich hab vorher in meinem Job in der EDV viele Seminare gehalten, das war also überhaupt kein Stress für mich.

miia: Wie ist es weitergegangen?

Toni: Naja, es scheint den Leuten gefallen zu haben und dann ging es weiter. Ich hab mit dem Hauptrechenstellenbetreuer geredet, der hat mir sein Programm gezeigt und ich hab das eine Zeit mitgemacht. Dann wurde die gesamte Software umgestellt wegen der FEIF (Anm.: damit man die Ergebnisse bei worldranking-Turnieren in allen FEIF Mitgliedsländern miteinander vergleichen kann, wurde eine einheitliche Software entwickelt) und ich war dann halt der einzige, der sich mit dieser ausgekannt hat.

miia: Was ist das Schöne an dem, was du tust?

Toni: Es macht Spaß! Ich bin am Turnier, man trifft immer wieder Leute, man sieht viele schöne Pferde, man sieht aber natürlich auch einen Haufen nicht so schön gerittene Pferde, die Pferde können ja meist gar nichts dafür. Mir machen solche Dinge generell Spaß. Auch die EDV.

miia: Wo kommt die Liebe zu den Islandpferden her?

Toni: Es ist keine Liebe zu den ISLANDpferden. Seit ich ein Kind war, hatte ich eine starke Affinität zu Pferden und Hunden. Aber ich durfte beides nicht haben. Und dann bin ich damals mit ein paar Lehrern vom Gymnasium nach Ampflwang gefahren. Zum Reiten. Dort hab ich dann die Islandpferde kennen gelernt. Ich bin aber genauso Springen geritten und Dressur und irgendwann bin ich dann bei den Isländern geblieben. Das lag daran, dass ich geheiratet hab und nach Deutschland gegangen bin und da hatte ich dann keinen Zugriff mehr auf Isländer und hab mir einen kaufen müssen 🙂 . Ich hab mir einen völlig verrückten, durchgeknallten gekauft, er hat Spaß gemacht. Mit ihm war ich dann in Deutschland und hab mit meiner Frau zusammen einen Stall gemacht, hab über viele, viele, viele Jahre die erfolgreichste bayrische Jugendmannschaft trainiert, mit einer Unzahl an Meistertiteln. Ich war auch in Österreich viel auf Turnieren.

miia: Und dann bist du irgendwann wieder nach Österreich zurückgekommen?

Toni: Ja, nach der Trennung von meiner Frau haben wir den Hof noch eine Zeit zusammen geführt, unsere Ideen waren aber sehr verschieden. Ich bin zurück nach Österreich und hab Kurse gegeben. Ich hatte keinen Hof in Österreich und habe bis heute keinen. Wenn sich aber mal einer anbietet, der meinen Vorstellungen entspricht, schau ich ihn mir gern mal an.

miia: Lebst du von den Turnieren?

Toni: Nein, von den Turnieren kann man nicht leben. Ich bin ganz normal Trainer und lebe davon. Zur Zeit wohne ich in Klagenfurt, vielleicht zieh ich aber ins Waldviertel. Dort fühl ich mich so wohl, die Ruhe, die Natur – vielleicht geh ich dort hin. Für meine Art zu leben ist es ja völlig egal, wo ich lebe. Ich bin frei. Das würd ich auch nicht anders wollen. Ich hab so viele Jahre in der EDV gearbeitet, dass ich mir nicht vorstellen könnte, das noch mal zu tun. Ich brauche diese Freiheit, um mein Leben zu genießen. Ich lebe nach dem Standpunkt, man hat nur dieses eine Leben und das soll man genießen – wobei genießen nicht heißt, dass man nichts tut. Man soll halt das tun, was einem Spaß macht und einem was bringt, nicht diesen Blödsinn um sieben Uhr in einem Büro zu sitzen 🙂 ! Ich hab das lange gemacht und mit der Entscheidung, das nicht mehr zu tun, sehr viel Geld aufgegeben, aber diese Bedingungen waren einfach nicht meine. Das ist vielleicht eines meiner größten Probleme: Dass ich mir nicht so gern was sagen lass 🙂 .

miia: Hat dein Beruf auch Nachteile?

Toni: Nachteil hab ich gar keinen. Ich hab das unwahrscheinliche Glück, dass ich mein Hobby zum Beruf gemacht hab. Bei Pferden kann ich völlig abschalten, ich kann mich so gut entspannen dabei. Ein ganz großes Vorbild von mir, Reynir Adalsteinsson, hat einmal gesagt, ein guter Trainer und Reiter muss lernen, demütig zu werden. Ein absolut weiser Mann, der Reynir, und ein ganz, ganz großes Vorbild.

miia: Wenn du in die Zukunft schaust – was wünscht du dem österreichischen Islandpferdesport?

Toni: Dass er ein bisschen realistischer wird in der Selbsteinschätzung. Wir haben sehr gute Reiter und sehr gute Pferde, aber nicht in dem großen Maße wie viele glauben es zu sein. Was ich mir auch wünschen würde, ist mehr Zusammenarbeit in der österreichischen Islandpferdeszene. Man kann so viele neue Dinge angehen, so viele neue Projekte. Jetzt haben wir uns überlegt, dass es nächstes Jahr in Wien einen Eistölt geben wird. Am Eisring Süd, wir haben vor ein paar Tagen das OK gekriegt, dass wir die Anlage bekommen. Und ich hab mich mit Nelly zusammen für 2018 für die MEM beworben, mal schauen, ob es was wird.

miia: Also bist du der, der in Österreich etwas weiterbringt? Bist du da der einzige?

Toni: Nein, nein. Das kann man nicht behaupten. Ich glaube schon, dass es einige gibt, die sich Gedanken machen. Ich trau`s mich halt. Ich trau mich einfach, es zu probieren und ich hab keine Angst davor, dass es schiefgeht. Wenn`s schief geht, geht`s schief! Das ist für mich kein Weltuntergang! Viele Leute, und das merk ich auch im Reitunterricht, haben Angst vor dem Fehler. Aber wenn ich einen Fehler nicht begrüße, dann komm ich auch nicht weiter! Ein Fehler ist dazu da, gemacht zu werden und das nächste Mal nicht mehr gemacht zu werden. Und wenn ich das nicht beherzige, werde ich immer stehen bleiben. Ich hab schon viele Fehler gemacht, bin schon vielen falschen Menschen auf die Füße gestiegen, mir ist das egal. Damals, in meiner Zeit in der EDV, musste ich viele Management-Seminare mitmachen und das einzige, was mir von damals in Erinnerung geblieben ist, ist „Du brauchst vor niemandem Angst zu haben! Das sind alles nur Menschen. Und wenn einer dir ganz suspekt ist, dann stell ihn dir in der Unterhose vor.“ Und das beherzige ich einfach. Es gibt niemanden, mit dem ich mich nicht zu reden traue. So mächtig oder einflussreich er auch ist.

Wir haben noch viele Ideen, mit Gerhard Hochholzer zum Beispiel. Und wenn nur die Hälfte von dem klappt, was wir uns vornehmen, dann ist wieder viel Gutes für die Islandpferdeszene geschafft. Es ist nicht wichtig, ob ich jetzt das Hallenturnier mach oder wer anderer. Es muss gemacht werden! Am schönsten wäre es, wenn wir drei Hallenturniere hätten! Bis jetzt war der Winter tot! Mit dem Erfolg, dass uns Dressur- und Springreiter, die ich vom OEPS gut kenne, ausgelacht haben. Die haben gefragt: „Was macht ihr mit euren Ponys im Winter? Stellt ihr die weg?“ Das Geschäft wird im Winter weniger, Trainer verdienen weniger, es werden weniger Pferde gekauft, die ganze Szene schläft ein. Andere Rassen lachen da über uns. Und das darf nicht passieren. Wir müssen uns besser positionieren, das Islandpferd mehr in Szene setzen! Weil wenn es bekannter und populärer wird, hilft das allen! Denn wenn ich es schaffe, 10 Sponsoren zu finden, dann ist auch der nächste in der Lage, das zu tun. Das Pferd ist ja dann schon bekannter! Man pflügt einen Acker nicht nur für sich selber, sondern für alle.  Wenn ich hier sitze und sehe, dass es den Reitern gefällt, dann freu ich mich! Ich bin hier aber nur ein Teil, ein Rädchen und versuche meinen Teil dazu zu tun, dass die Listen schnell hängen, jeder gleich weiß, ob er in einer Endausscheidung ist und all diese Dinge.

miia: Noch eine letzte Frage: Was war dein schönstes Erlebnis mit einem Pferd?

Toni: Als mein erstes selbstgekauftes Pferd, wie schon gesagt, ein völlig durchgeknalltes und hysterisches Tier, zum ersten Mal mit mir ohne Halfter und ohne Strick mitgegangen ist. Es hat sich über viele Jahre nur von mir fangen lassen. Nicht weil ich das so gut konnte, sondern weil ich es in seinen Augen wert war, es zu dürfen. Und das ist ein schönes Gefühl. Wenn ein Pferd anfängt, dir zu vertrauen.

miia: Vielen Dank, lieber Toni für deine Zeit. Danke für so manchen Satz, der vielleicht zum Nachdenken anregt. Ich merke mir, dass Fehler dazu da sind, gemacht zu werden. Und dass es niemanden gibt, der so mächtig oder einflussreich ist, dass ich mich nicht trauen würde, mit ihm zu reden. Sind alles nur Menschen. Ok, who`s next 🙂 ?

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