Das Geheimnis seiner Fütterung

Wenn man so mit Hannes Kirchmayr durch den Stall spaziert, erfährt man richtig interessante Dinge. Der Besitzer des Islandpferdehofes Gut Pöllndorf in Weistrach hat nämlich ein Fütterungsgeheimnis, das eigentlich keines ist. Sein selbstproduziertes Heugemisch. Weil es eben kein Geheimnis ist, durfte ich ihn danach fragen und habe seine persönliche Meinung über die richtige Pferdefütterung in Punkto Heu erfahren:

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miia: Was hat es eigentlich mit dieser besonderen Art der Fütterung, die ihr hier am Gut Pöllndorf für einige Pferde anbietet, auf sich?

Hannes: „Nun, die Grundidee ist die, dass du in der Pferdefütterung im Winter entweder Silagen füttern kannst (Heulage ist ja nichts anderes als Silage in trockener Version) oder Heu. Silage kann, speziell bei Verschmutzung, Chlostridien bergen, deren Stoffwechselprodukte extrem giftig sind (sog. Botulismus). Das passiert zwar selten, ist aber ein gewisses Restrisiko und deshalb gibt es Pferdebesitzer, die keine Silage wollen. Übrigens wenn man Silagen füttert, sollte man schlicht und einfach sehr sorgfältig bei der Erzeugung sein: Hoch schneiden, damit keine Verschmutzung passiert; nicht zu spät schneiden, damit das Material gut verdichtet werden kann und genug Zucker für einen tiefen pH-Wert vorhanden ist, etc. etc.“

miia: Wie ist das mit dem Heu?

Hannes: „Das Heu kann auch Nachteile bergen: Wegen Empfindlichkeiten bzw. Allergien gegen Heustaub, der Pilzsporen enthalten kann. Selbst wenn du ein gutes Heu nimmst und es aufschüttelst, wirst du einen feinen Staub in der Luft sehen, der sich meist nicht so schnell absetzt, das heißt, er ist dann in der Atemluft drinnen. Manche Pferde reagieren darauf empfindlich, man spricht dann von Staubempfindlichkeit oder – im krasseren Fall – von Stauballergie.“

miia: Wann bist du diesem Thema zum ersten Mal begegnet?

Hannes: „Ich bin da vor vielen Jahren drauf gekommen, als damals eines unserer teuersten Pferde, Hrodur frá Hofstödum, Vizeweltmeister im 5-Gang, zu husten begonnen hat. In der Pferdeklinik wurden wir darauf aufmerksam gemacht, dass wir seine Haltungsbedingungen ändern müssen, weil er eben staubempfindlich ist. Das hat damals mal bedeutet: Späne statt Stroh einstreuen und das Heu nass machen. Geht natürlich auch. Für große Pferdebestände ist Heu nass machen allerdings kein Spaß. Und außerdem ist es kontraproduktiv, wenn man sich zuerst darum bemüht, ein gutes Heu zu produzieren und dann die guten Inhaltsstoffe wieder auswäscht. Außerdem ist das im Winter eine sehr unangenehme Arbeit. Dann sind wir durch Zufall draufgekommen, dass die Futtermittelindustrie Heuersatz anbietet, allerdings zu Preisen, zu denen du einen großen Bestand nicht füttern kannst.“

miia: Was habt ihr damals gemacht?

Hannes: „Wir haben uns überlegt, wie man das selber machen kann?“ (Er zeigt mir einen großen Haufen fein gehäkseltes Heu, das am Boden in der Mitte des Stalls liegt). „Das ist ganz normales Heu, das mit Öl versetzt ist. Gemacht wird das in einem sogenannten Futtermischwagen. Den kennt man aus der Rinderhaltung. Wir haben uns so ein Teil gekauft, das ist nicht ganz billig: in etwa 15.000€ hat das gekostet. Stell dir vor, das ist ein großer Trichter mit Messer drinnen. Da wirfst du einen Rundballen rein, der wird drin zerschreddert und da kannst du dann Öl dazu dosieren. Und dann hast du über dem Heu einen feinen Ölfilm. Und das bewirkt, dass, wenn ich das Heu in die Luft schmeiße, der Staub sofort zu Boden sinkt und die Luft ist wieder rein. Durch diesen Vorgang werden einfach die Staubpartikel durch das Öl an das Heu geklebt. Und damit haben die Pferde den Staub nicht mehr in der Atemluft, wenn sie fressen.“

miia: Und welches Öl ist das?

Hannes: „Sonnenblumenöl. Man kann aber auch andere Öle verwenden. Wir verwenden zur Zeit was ganz Spezielles, nämlich Mariendistelöl. Das hat zusätzlich eine positive Wirkung auf den Leberstoffwechsel.“

miia: Und habt ihr gute Erfahrungen mit dieser Fütterung gemacht?

Hannes: „Ja! Wir haben hier in diesem Stall eine Reihe von Pferden stehen, die bereits als austherapiert galten. Bei denen haben die Tierärzte nur mehr gesagt: „Im Sommer auf die Alm und hoffen.“ Diese Pferde waren auch nicht mehr belastbar. Und jetzt sind sie wieder voll belastbar! Alle Pferde in diesem Stall, in dem wir uns gerade befinden, bekommen dieses sogenannte Heugemisch.“

Hannes weiter: „Aber es ist natürlich relativ aufwändig. Du brauchst den teuren Futtermischwagen, das Öl, die Maschinenstunden, das ist alles nicht so ganz billig. Ich war dann drauf und dran auf die Heubedampfung umzusteigen, zumal man darüber auch sehr viel Gutes hört und liest. Aber einige jener Pferd, die jetzt bei mir stehen, haben sich mit der Heubedampfung nicht erholt, mit unserem Heugemisch schon. Und deswegen bleib ich doch dabei. Jetzt kommen wir aber noch zu einem ganz wichtigen Punkt: Du kannst nie alle Pferde über einen Kamm scheren. Es gibt Pferde, die Silagen nicht vertragen, die kriegen davon Durchfall, das kann dir genauso mit unserem Heugemisch passieren. Es gibt eben Pferde, die mit dem Ölanteil nicht zurecht kommen, obwohl Öl grundsätzlich etwas Positives ist. Auch unser Heugemisch ist kein Wundermittel für 100% der Fälle, aber in sehr vielen Fällen hilft es ganz extrem.“

miia: Und dein Tipp für geplagte und besorgte Pferdebesitzer?

Hannes: „Sie könnten schauen, ob es in ihrer Gegend einen Rinderbauern gibt, der einen Futtermischwagen hat und dann können sie sich das Heugemisch über den Maschinenring produzieren lassen. Die Ölmenge, die man dazu braucht, liegt übrigens bei 3 Gewichtsprozent. Und das war`s. Aber Achtung: Verwendet man schlechtes Heu, ist die ganze Liebesmühe umsonst. Es muss sehr gutes Heu sein. Für mich gibt es in der Pferdehaltung nur zwei Alternativen: Heulage (sehr hochwertig) oder hochwertiges (belüftetes) Heu.“

miia: Herzlichen Dank, Hannes, für dieses interessante Gespräch! Ich merke, dass die richtige Fütterung unserer Isländer an eine Wissenschaft grenzt oder sogar eine ist. Wenn es jemanden gibt, der oder die noch weitere Tipps für die miia-community hat oder von Erfahrungen erzählen möchte, möge er oder sie sich bitte bei mir melden unter katharina@miia.at! Ein spannendes Thema, wie ich finde!

 

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