Solveig, T6 und ihre Pyjamas

Nachdem ich letzten Donnerstag Usi in ihrer Eigenschaft als Richterin zum Thema V4 und zu ihrem Pyjama befragt hab, möchte ich mich heute dem T6 widmen, einem Töltbewerb. Beginnt ja mit T. Und dafür möchte ich mich ganz herzlich bei Solveig bedanken, die ich ebenfalls schon auf viiiielen Turnieren als Richterin gesehen habe. Sie hat mir meine (zugegebenermaßen neugierigen) Fragen geduldig beantwortet, beginnend bei ihren eigenen Anfängen als Reiterin.

miia: Liebe Solveig, wann hast du denn mit dem Reiten begonnen und wie war das damals?

Solveig: Auf dem Pferd saß ich schon mit 3 Jahren. Damals hatten meine Eltern Haflinger und Isländer zuhause und so lag es nahe, schon früh auf dem Pferd zu sitzen. Reitunterricht habe ich dann ab 6 Jahren auf einem nahegelegenen Reiterhof genommen und bin dort hauptsächlich auf Großpferden geritten. Ab 1987 habe ich mich dann ganz der Reitausbildung auf Islandpferden gewidmet, da wir nur mehr Isländer zuhause hatten. Dies geschah am Reithof Gut Pöllndorf in Weistrach.

miia: Wie war das damals?

Solveig: Nicht so viel anders als heute, was die Reitausbildung betrifft. Die war auch damals schon klassisch nach der Skala der Ausbildung. Was das Turnierreiten betrifft war es aber ganz, ganz anders. Wir hatten Freude am Trainieren und sind auf nicht sehr spektakulären Pferden in der Sportklasse C geritten. Wenn wir eine 5.0 bekamen, war das schon eine gute Note für uns und alle höheren Noten sensationell. Es hat sich seit damals viel an der Qualität der Pferde getan, aber Takt und Haltung, Sitz und Einwirkung waren auch damals schon das größte Muss, um eine gute Note zu bekommen. Und waren wir trotzdem mit einem „Schweinepasser“ auf dem Turnier, weil es sich halt nicht anders machen ließ, dann kam es schon auch vor, dass wir eine 3.0 oder 4.0 bekamen. Aber auch damit waren wir zufrieden und hatten Freude dabei sein zu können. Ich denke, das ist der größte Unterschied zwischen damals und heute.

miia: Welches von allen Pferden, die du jemals geritten bist, war dein Lieblingspferd und warum?

Solveig: Als ich klein war ist meine größte Lehrmeisterin und das liebste Pferd, das wir hatten unsere Skjona gewesen. Sie hatte eine Engelsgeduld mit uns Rackern und hat mich und meine Geschwister immer gut nach Hause gebracht. Und fielen wir mal runter, dann kam sie zu uns, schaute sozusagen nach, was geschehen war (Gott sei Dank nie was Schlimmes) und hat uns dann im Schritt nach Hause getragen.
Als ich dann größer war, bekam ich eine Nachzuchtstute von Skjona (sie war ihre Großmutter) namens Gloá geschenkt. Ich habe sie sozusagen selbst eingeritten. Sie war eine „Verrückte“, Schritt war nicht ihre bevorzugte Gangart. Immer schnell unterwegs aber immer taktklarer Tölt, das war schon toll. Sie war bis zu ihrem Tod bei uns zuhause und starb vor ein paar Jahren mit 32 Jahren friedlich an Altersschwäche.

miia: Wenn du richtest – worauf achtest du am meisten?

Solveig: Zunächst schaue ich mir das Gesamtbild an. Ist es harmonisch oder nicht. Dann achte ich natürlich als Erstes auf den Takt. Ist er so wie korrekt beschrieben, oder gibt es Verschiebungen in die eine oder andere Richtung? Ein weiterer großer Punkt ist die Form und Haltung des Pferdes und folglich der Sitz und die Einwirkung des Reiters. Wie sehr kann er das Pferd durch seine Hilfen beeinflussen (positiv oder negativ)? So formt sich dann nach den Leitgedanken letztendlich eine Note.

miia: Kommen wir zum heutigen Bewerb – dem T6. So manch einer wird sich fragen, was das denn überhaupt ist. Was muss ein Reiter bei so einem Bewerb machen?

Solveig: Auch hier sind 2 oder mehr Reiter in der Bahn und der Bewerb beginnt mit dem beliebigen Tempo Tölt auf jener Hand, die in der Starterliste festgelegt wurde. Dann werden die Pferde durchpariert und die Hand gewechselt. Danach langsames Tempo bis Mitteltempo Tölt, wobei an den langen Seiten die Zügel in eine Hand genommen werden müssen und mit dieser vorgegangen werden muss (Zügel überstreichen – siehe weiter unten).

miia: Und was muss man machen, um in diesem Bewerb eine 6,0 zu bekommen?

Solveig: Eine 6,0 im beliebigen Tempo Tölt bekommt man, wenn der Takt akzeptabel ist und es gelegentliche Balanceprobleme gibt.

miia: Was heißt akzeptabler Takt?

Solveig: Das bedeutet, es ist ein Viertakt da, es gibt jedoch leichte Verschiebungen zu trabig oder passig oder das Pferd rollt gelegentlich.

miia: Und was heißt „gelegentliche Balanceprobleme“?

Solveig: Das Pferd trägt sich nicht gut von selbst, nimmt gelegentlich die Reiterhand nicht harmonisch auf, ist ein wenig steif im Rücken oder geht etwas schief. Passieren mehrere Fehler gleichzeitig oder kumuliert, dann kann die Note natürlich keine 6,0 mehr sein.

miia: Und wann bekommt man eine 6,0 im Aufgabenteil „Zügel überstreichen“?

Solveig: Zügel überstreichen bedeutet zunächst mal, dass die Zügel in einer Hand gehalten werden und der Zügel von der Reiterhand bis zum Maul des Pferdes eine Schlaufe bilden muss, das bedeutet: Kein Kontakt zum Pferdemaul! Für eine 6,0 finden auch hier Takt und Haltung ihren Niederschlag, so wie beim beliebigen Tempo beschrieben. Gelegentliche Korrekturen beim Zügelüberstreichen sind gestattet.

miia: Was sind gelegentliche Korrekturen?

Solveig: Hin und wieder in die Mähne greifen, die Gerte ist gelegentlich hinter der Hüfte oder über der Schulter des Pferdes, wenn die Zügel nicht genug durchhängen oder gelegentlich eine Verbindung zum Pferdemaul hergestellt wird. Um als Endnote eine 6,0 zu bekommen, ist es aber meist so, dass ein Aufgabenteil ein wenig besser oder schlechter ist. Es dann sozusagen verschiedene Teilnoten gibt, die dann rechnerisch eine 6,0 ergeben. Ich empfehle allen Reitern, sich die Leitgedanken durchzulesen (egal in welchem Bewerb sie starten), denn so wissen sie auch genau, was für Anforderungen sie für welche Note erfüllen müssen.

miia: Und jetzt noch zu meiner letzten – obligatorischen – Frage an die Richter und Richterinnen, zwecks Reduktion der Nervosität der Reitenden beim Turnier … welche Farbe hat denn dein Pyjama?

Solveig: Meine Pyjamas haben unterschiedliche Farben und werden nach Bedarf auch untereinander kombiniert 🙂 .

miia: Liebe Solveig, vielen herzlichen Dank für dieses Interview. Ich weiß das sehr zu schätzen! 🙂

Ich sag ja … das mit dem Islandpferdereiten ist gar nicht so easy, wie es ausschaut. Einfach ein paar Runden auf der Ovalbahn? Naja … wenn wer meint … dann irrt er aber gewaltig.

 

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