Lea vom Babenberg

Es gibt so Namen, die kenne ich. Mir kommen sie deshalb bekannt vor, weil ich sie immer auf den Start- und Ergebnislisten von Turnieren sehe. Selten gibt es aber zwischen Wasserschaffeln schleppen, Sattel holen, Armschleiferl ergattern und Mitfiebern die Gelegenheit, die Träger der Namen auch mal kennenzulernen. Und ein bisschen seltsam sind diese Situationen ja auch. Sie sind ja Konkurrentinnen. Nein. Eher Mit(be)streiterinnen. Dieses Wort gefällt mir besser. Es spricht doch aber eigentlich nix dagegen, mit sportlichen Konkurrentinnen einen guten Kaffee zu trinken, oder? Im Gegenteil, finde ich. Die Schifahrer treffen sich nach den Rennen auch alle zum Apres-Ski. Umso mehr freu ich mich dann natürlich, wenn ich Post bekomme. Post von genau so einer Mit(be)streiterin. Lea und ihre Mutter Sabine haben mir geschrieben und mir erzählt, dass diese Mutter-Tochter-wir-reiten-gemeinsam-Geschichte eine wirklich nette Sache ist. Sie sind fleißige Reiterinnen am Islandpferdehof Babenberg gleich bei Klosterneuburg bei Wien.

Begeistert schreibt mir Lea, wie sie zum Reiten gekommen ist und wie alles begonnen hat: „Angefangen hat alles ungefähr vor 8 Jahren. Mama nahm bereits seit Jahren auf unserem Hof Reitstunden. Ich hatte davon nichts gewusst, bis sie eines Tages mit mir auf den Reiterhof fuhr und mir ein wunderschönes Pferd vorstellte. Es war eine kleine Stute, sie hatte braunes Fell, schwarze Mähne und Schweif und braune Augen. Sie stand angebunden in der Sonne, ihr Fell hatte wundervoll geglänzt…“

Kurzen Moment mal. Das muss ich jetzt aber genauer wissen. Lea hat nichts vom Reithobby ihrer Mutter gewusst? Witzig … 🙂

Sabine: „Also es war so: Ich bin längere Zeit einmal in der Woche oder öfter geritten oder hab mir mal ein Pferd zum Ausreiten ausgeborgt. Später hab ich dann Stunden bei Eva (Engelke) auf einem Privatpferd genommen, das auch im Schulbetrieb eingesetzt wurde. Ich hatte schon lange die Idee für mich ein Pferd zu kaufen, weil es mein Jugendtraum war, einmal ein Pferd zu haben.“

Aha. Kenn ich doch, solche Geschichten 🙂 ! Jedenfalls war es dann so, dass dieses Schulpferd, Elfaxi hieß der schwarze Wallach, zum Verkauf stand, und das Interesse von Sabine geweckt hatte. „Zu Hause habe ich davon nichts erzählt. Lea ist bis dato noch nicht geritten, sie war auch erst 6 – und ich habe einmal von einem Arzt gehört, dass es für die Wirbelsäule eines Kindes nicht gut sei, mit dem Reiten vor 6 Jahren zu beginnen.“ Aber wie es offensichtlich die mütterlich-töchterliche Telepathie will, hat just um diese Zeit die damals kleine Lea auch ihr Interesse am Reiten bekundet. Sabine hat sich gedacht: „Na, wenn ein Pferd, dann eines, das uns beiden gerecht wird.“ Elfaxi wäre nicht der richtige gewesen. Und so wurde Sabine Snörp vorgestellt.

Lea: „Mama stellte mir Snörp vor und sagte mir, dass sie sie gekauft hätte. Die ersten Wochen wollte ich gar nicht glauben, dass dieses unglaubliche Pferd wirklich zu uns gehörte! Sehr schnell saß ich dann auf Snörps Rücken und hatte meine ersten Reitstunden auf ihr, die mehr oder weniger gut verlaufen sind. Snörp war ein unglaublich braves Pferd, das immer machte, was ich von ihm wollte. Sie war zu jeder Zeit brav und gehorsam und wenn ich mal in den Sand gesetzt wurde, dann nur, weil sie über ihre eigenen Hufe gestolpert ist. Mama war total stolz auf mich und ich auf mein kleines Pferd.“

Die Zeit verging, das Roundpen wurde verlassen, die Ovalbahn erobert und das erste Hausturnier in der Kinderklasse bestritten. „Keiner darf mich fragen, wie lange ich in der Kinderklasse geritten bin, ohne wirklich Erfolg gehabt zu haben. Ich hab keine Ahnung. Irgendwann ist mir die Erkenntnis gekommen, dass ich, wenn ich nicht so „wild“ reiten würde, besser werden könnte. Und so hab ich dann begonnen (statt Schulstunden) Privatstunden bei Eva zu nehmen und ordentlich zu trainieren.“

Und dann kam das erste Shop-Cup-Turnier.

„Ich fuhr das erste Mal mit Snörp auf einen anderen Hof. Ich weiß noch, wie aufgeregt ich vor meinem ersten Auswärtsturnier war (und es immer noch bin 🙂 ). Snörp war sehr brav, sie ließ sich problemlos ein- und ausladen und hatte immer die Ruhe weg. Das war immer so mit ihr. Nie ist etwas Großes passiert, die Aufregung war immer da, aber richtig „actionreich“ war es mit Snörp nie. Am Sonntag Nachmittag sind wir jedesmal nachhause gefahren, immer mit einigen Schleifen. Ich weiß noch, wie stolz ich immer auf sie war. Wenn ich könnte, würde ich sogar jetzt noch mit ihr auf Turniere gehen.“

Die gute Snörp durfte dann, im stolzen Alter von 25 Jahren in Turnierpension gehen. Aber wie das so ist … wenn dich das Turnierfieber packt, möchtest du diese Erlebnisse nicht mehr missen.

Lea erzählt weiter: „2014 trat dann Baldur in mein Leben. Es war ein Zufall. Es war eine große Umstellung von Snörp auf ihn! Er war ein süßes Pferd, konnte zwar ab und zu etwas frech und ungehorsam sein, doch er war im Großen und Ganzen brav.“

Schon bald wurde Lea Baldurs alleinige Reiterin (vorher hatte sie sich ihn mit einer Mitreiterin geteilt). „Wir hatten zwar kleine Startschwierigkeiten, aber wir vertrauten einander und er wurde auch im Training immer besser. Ich hatte mir vorgenommen, das erste Shop-Cup-Turnier am Babenberg mit ihm zu bestreiten. Und wir haben für unser erstes gemeinsames Turnier eigentlich sehr gut abgeschnitten.“

Also auf zum nächsten, zur Mühlbachweide.

„Das endete in einer Katastrophe der feinsten Art. Baldur hatte Steigen, Buckeln und Springen im Programm, er wollte sich einfach nicht beruhigen. Das waren alles Dinge, die ich bis dato von Snörp nicht gewohnt war! Auch ich konnte mich nicht wirklich beruhigen, ich glaub, so nervös war ich noch nie auf einem Turnier. Ich war ja immer mit der braven Snörp verwöhnt, die nicht mal mit dem Ohr zuckte, wenn es irgendwo geknallt hat!“

Aber Gott-sei-Dank gibt es Eltern, die zur Seite stehen. „Während Mama schon überlegt hatte, wieder nach Hause zu fahren, hat Papa mir die Tränen der Verzweiflung und Angst aus dem Gesicht gewischt und mich zur Mama geschickt, die mich ganz fest in den Arm genommen hat. Ich hatte außerdem auf dem Turnier das Glück, meine alte Reitlehrerin zu treffen, die mir dann auch helfen konnte, sodass der Nachmittag noch ein kleines bisschen entspannter wurde!“

Papa hat mal das Pferd genommen, Mama was zum Essen besorgt und etwas beruhigter fuhr die Familie am Freitag Abend nach Hause.

„Am Samstag ging dann wieder alles von vorne los! Mal waren die Vorderhufe in der Luft, dann hatte Baldur eine  Riesenangst vor anderen Pferden und überhaupt war am Ende des ganzen Turniers der gesamte Reiterhof taub von seinem Wiehern. Papa hatte schon Angst, sein Trommelfell würde platzen!“

Aber alles ist dann besser gelaufen, als gedacht. Baldur wurde ruhiger und es gab doch einige erfreuliche Noten. Und wie steht es jetzt – am Beginn der nächsten Shop-Cup-Serie mit den beiden?

„Ich muss sagen, ich freue mich schon auf die nächsten Turniere, weil ich wirklich viel mit ihm geübt hab. Wir vertrauen einander schon viel mehr und wir können schon Sachen machen, von denen ich dachte, es würde noch Jahre dauern, bis ich endlich damit anfangen könnte! Ich hoffe, die nächsten Turniere werden besser laufen. Und ich weiß, ich werde immer Unterstützung haben. Danke Mama, danke Papa. Ich muss wieder klein anfangen. Aber ich hoffe, dass ich irgendwann auch mit weniger Hilfe woanders zurecht kommen werde und meine Eltern nur entspannt sitzen und zuschauen können. Ich bin mir ganz sicher, dass aus Baldur, mit viel Arbeit, einmal so ein braves und ruhiges Pferd wird, wie es die alte Snörp ist. Und es ist mir egal, wie lange das dauern wird.“

Danke, liebe Lea und liebe Sabine für eure Geschichte. Ich freue mich schon auf ein persönliches Kennenlernen am nächsten Turnier. Damit der Name auf der Liste Gestalt annimmt 🙂 .

Aus eigener Erfahrung möchte ich nur noch eines gaaaanz am Rande einstreuen: Auch wenn die Erfahrung des Kindes und des Pferdes von Jahr zu Jahr wächst … entspannt sitzen und zuschauen – das wird es für Eltern von Turnierreitern wohl nie ganz spielen. Das ist viel zu aufregend auch für uns. 🙂

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