Auf Námas Spuren

„Hallo, ich bin der Papa von der Náma.“ Mit diesen Worten hat Reinhard Loidl (die damals noch kleine) Leonie und mich auf der ÖJM 2014 am Aspacherhof angesprochen. Ich erinnere mich daran, weil es schön war, ein paar Worte mit jenem Mann zu wechseln, der unsere Náma aufgezogen und ihre ersten Lebensjahre mit ihr verbracht hat. Kommt ja nicht so oft vor, dass sich der „Papa“ eines Familienmitgliedes vorstellt 🙂 .

Schauplatzwechsel: Sattelanprobe 2016. Beim Ausprobieren des neuen Sattels werde ich gefragt, welche Zuchtlinie Náma denn sei. Wer ihr Vater sei. Ääääääheeemmm … „Da muss ich zuhause nachschauen“, sag ich. Und denk mir: peinlich. Den Namen der Mutter weiß ich, aber des Vaters? In diesem Moment fällt mir wieder „Papa“ Reinhard ein.

Ich hab dann zuhause nachgeschaut. Ihr Vater heißt Fjölnir. „Aber wie waren sie denn, die Eltern meiner Náma?“ „Warum hat der Züchter gerade die beiden ausgewählt?“ „Was ist ihm damals bei Náma aufgefallen und kann er sich überhaupt noch an sie erinnern?“, frag ich mich und nehme mir vor, Reinhard Loidl in Dörfles zu besuchen und ihm genau diese Fragen zu stellen. Und gestern war ich dann dort.

Zuerst hab ich eine sehr nette Führung von Maria bekommen, die am Islandpferdehof in Dörfles Reitunterricht gibt. Der Hof beherbergt 16 Pferde und wird sehr familiär geführt. Reitunterricht gibt es meist im Einzelunterricht, die Einsteller lernen viel miteinander und voneinander. So tauschen sie öfters die Pferde, um dadurch noch mehr Reit-Erfahrungen zu sammeln.

Als ich gestern hinkomme, ist gerade ein Kurs im Gange, aber Reinhard nimmt sich Zeit für mich und wir trinken einen Kaffee miteinander. Wir reden viel über seine Vergangenheit, die ihn erst spät zum Islandpferdereiten gebracht hat und dennoch höchst erfolgreich war. 7 Mal war der gelernte, davor international tätige Fotograf bei Weltmeisterschaften dabei. Heute gehe es aber um andere Dinge in seinem Leben. Er erzählt von seiner Philosophie und seinen Erfahrungen. Und dann erzählt er mir von meiner Náma.

„Námas Mutter Snekkja hab ich gekauft, weil ich damals ein Super-Fünfgangpferd wollte. Was die Reiteigenschaften betrifft, war sie elitegeprüft, ihr Gebäude war nicht so überragend, was mir damals aber egal war. Sie war ein sehr, sehr gutes Pferd.“

Große Pläne hatte er mit ihr, aber, wie das Leben so spielt, konnte er sie nicht reiten, weil er sich verletzt hatte. Er ritt mit der langwierigen Verletzung andere Pferde, Snekkja aber nicht, weil sie zu viel Temperament hatte. Das wäre mit der Beinverletzung nicht gegangen.

„Dann haben wir uns gedacht, verwenden wir sie für die Zucht. Stellen wir sie zum Fjölnir. Náma war ihr erstes Fohlen. Ein zunächst sehr unauffälliges Fohlen. Als ich sie später in den Stall geholt hab, war aber auffällig, dass sie wahnsinnig hübsch war, ein unheimlich elegantes „Schlangentier“. Náma heißt sie übrigens, weil in dem Jahr, in dem sie geboren ist, ein isländischer Züchter eine Náma geritten ist, die ganz, ganz toll war. Ich hab bei den Fohlen nie die Anfangsbuchstaben der Mutter genommen, wie das sonst so üblich ist.“

Beim  Anreiten sei sie nicht schwierig gewesen, aber sie hatte sehr, sehr viel Temperament. Náma zeigte bald guten Rennpass und sehr, sehr guten Tölt.

„Fünfgänger fließen ja eher in den Bewegungen, als präsent zu treten. Mir liegen die präsenteren Pferde mehr, es ist immer die Frage, was dir mehr liegt. Ich bin Náma intensiv geritten und was ich mich erinnere, war der Trab ein bisschen schwierig, sie wollte lieber Tölt und Pass gehen. Ihr Schritt war aber hervorragend.“ Er erzählt mir, dass er Náma dann einer hübschen jungen Frau aus Dänemark überlassen habe. „Die Náma und sie waren so ein bissi die Hofprinzessinnen.“ Schließlich habe er sie dann wieder übernommen und verkauft. Für die Zucht. Sie ist dann noch bei einer „Lehr-FIZO“ gegangen und hat eine 7,90 bekommen. Gebäude war elite, das waren aber fast alle Nachkommen von Fjölnir.

„Zu manchen Pferden, die du gezüchtet hast, baust du definitiv eine Beziehung auf. Bei manchen anderen muss ich überlegen, wer überhaupt die Eltern waren. Zur Náma hab ich einen Bezug gehabt. Sie war sehr präsent am Hof. Und da freust du dich schon, wenn die Pferde nach einer Zeit wieder zu dir auf den Hof kommen oder wenn du sie siehst auf einem Turnier. Die Náma ist ein supertolles Pferd, das seinen Reiter braucht um toperfolgreich zu sein. Und wenn sie mit einem kleinen Mädl so gut auf einem Turnier geht, dann spricht das absolut für ihren Charakter.“ Er denkt nach und fügt schmunzelnd hinzu: „Náma war schon a bissl a wüde Henn. Da erkennst du ihre Mutter wieder.“

Ob Fjölnir noch lebt, weiß Reinhard nicht. Dieser wäre jetzt 28. Er ist auch der Vater von Kolfinnur, mit dem Reinhard große Erfolge gefeiert hat. Eine Schwester von Náma heißt Lilja. Auch ein tolles Pferd. Sie sei ganz eng mit Náma verwandt, die Mutter ist die gleiche und der Vater von Náma ist der Opa von Lilja. Ich hab sie letztes Jahr bei einem Turnier in Andorf gesehen. Die Familienähnlichkeit ist offensichtlich. Und beide Pferde waren im Finale.

Für Profi-Reiter und Züchter mag das befremdlich klingen, vielleicht sogar ein bisschen lächerlich. Aber ich finde es sehr spannend, fast berührend, etwas über die Herkunft und die Kindheit meines Pferdes zu erfahren. Geschichten zu hören. Ein Fohlenbild zu sehen.

Vielleicht finde ich heraus, ob Námas Vater noch lebt? Ihn zu sehen, wäre für mich definitiv einen Ausflug wert. Auch ein Fohlen hat meine Náma schon bekommen. Eine Stute. Ich würde sie wirklich gerne mal kennenlernen. Und schade, dass Snekkja nicht mehr lebt. Ich hätte mich gern mit einer richtig großen Karotte bei ihr bedankt. Für meine Náma.

Einen herzlichen Dank an Reinhard, dass er sich trotz des Kurses Zeit für mich genommen hat. Danke auch an Maria für die nette Führung. Anbei ein paar Fotos vom Islandpferdehof Marchfeld in Dörfles.

 

 

 

 

 

 

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