Die Pferde in Nachbars Garten

Wenn man am Sax auf der Ovalbahn vor sich hinreitet, pfeifend und gut gelaunt, kann es einem schon mal passieren, dass das friedliche Pferd unter einem die Ohren spitzt. Beim Nachbarn tut sich nämlich was. Und wenn man dann genauer hinschaut, zwischen den Zweigen der Bäume hindurch, dann sieht man Islandpferde. Nicht nur eines! Viele! Zehn, wenn man es genau nimmt.

Sie gehören Daniela und Hans-Michael (aka „Die Schöbis“), die vor einigen Jahren einfach beschlossen haben, ihre Pferde im eigenen Garten zu beherbergen. Und weil ich da gern ein bisschen etwas darüber erfahren wollte, hab ich mich kurzerhand bei ihnen eingeladen. Bin mit Kipferln gekommen und hab einen wunderbaren Kaffee bekommen. Mit Blick über eine Vase mit prächtigen Tulpen hinweg auf eine friedliche, kleine Islandpferde-Herde. Aber wie ist das alles gekommen?

Hans-Michael: „Das war Zufall oder Schicksal. Wir haben in Wien gelebt, im 4. Bezirk, in der Nähe von der Oper. Balkon oder Terrasse hatten wir nicht. Wir haben so richtig in der Stadt gelebt. Unsere (damals) 2 (später 3) Islandpferde hatten wir auf verschiedenen Höfen untergestellt, am Schluss am Islandpferdhof Sachsengang. Zufällig stand dann das Nachbarhaus zum Verkauf, wir haben es uns angeschaut, es hat herrlich gepasst … landwirtschaftliche Widmung, reger Betrieb nebenan auf der Ovalbahn, Geruch von Pferden … und wir haben es genommen. Das war vor zirka 9 Jahren.

Daniela: „Das Tolle hier war natürlich der direkte Anschluss zum Reitstall, wo ja unsere Pferde waren. Ein bisschen später haben wir dann begonnen, eine Koppel zu bauen, da war vorher nur Wiese.“ Der Nachbar war dann auch noch so nett und hat einen Teil seines Grundstücks verkauft. Und dann wurden die drei Pferde herübergeholt. Ok 3. Jetzt gibt es 10? Wie kommt das?

Daniela: „3 Pferde sind eine ungünstige Zahl. Du gehst mit zwei Pferden ausreiten und das dritte zuckt aus. Das dritte Pferd allein zu lassen, war fast nicht möglich. Was macht man? Man kauft sich halt ein viertes 🙂 !“ Hans-Michael überlegt: „Genau… das war dann die Oli, dann sind aber gleich noch 2 dazu gekommen, das waren unsere Fohlen, die sind beide hier geboren.“

Daniela lacht: „Das war unser schönster Sommer hier. Als die Fohlen klein waren. Da hast keinen Fernseher mehr gebraucht. Die waren so lustig, das war so eine Hetz, die sind durch den Garten getobt wie Hunde 🙂 “

Insgesamt sind es jetzt 10 Pferde, eines davon ist das Pferd einer guten Freundin. Hans-Michael und Daniela haben übrigens beide fulltime-jobs, die nichts mit Landwirtschaft oder Pferdezucht zu tun haben. Hilfe bei ihrem Vorhaben haben sie zunächst durch das Know-how der Nachbarn erhalten. Von Usi und Iris, die immer mit Rat und Tat zur Seite standen. Beide haben geholfen, die Pferde von Hans-Michael und Daniela mitzubetreuen. Irgendwann haben es die beiden dann selber gekonnt. Und wenn sie mal auf Urlaub fahren, gibt es gleich zwei Teams von netten Menschen, die immer einspringen, um die Pferde zu versorgen.

Hans-Michael: „Du kommst dann so rein. Irgendwann weißt du zum Beispiel, wieviel Heu ein Pferd braucht. Wir hatten ja auch am Sax manchmal mitgeholfen beim Füttern usw. und dabei schon einiges gelernt. Wenn wir uns am Anfang nicht sicher waren, haben wir Iris oder Usi gebeten, mal schauen zu kommen. Bis heute gibt es eine tolle Hilfe durch den Sax. Wenn mal der Tierarzt kommt und wir sind nicht da. Oder ein Pferd in die Klinik muss. Im Laufe der Zeit lernt man einzuschätzen, ob ein Pferd verletzt ist und etwas getan werden muss oder ob alles von allein gut wird. Man lernt aber nie aus. Es ist alles immer im Aufbau. Man lernt aus Fehlern.“ Ob es Nägel im Boden sind, die sie mit Metalldetektoren gesucht haben. Oder Bretter, die bei einem großen Sturm vom Dach fallen.

In der Früh versorgt Hans-Michael die Pferde, das geht sich gut aus. Am Nachmittag ist dann Daniela zu Hause. Auch sie kann sich ihre Arbeit am Nachmittag meist einteilen. Sie füttert daher am Abend die Pferde, im Sommer schmiert sie noch die Ekzemer ein. Am Wochenende wird dann geritten, wenn mehr Zeit ist.

Würden sie das wieder machen?

Hans-Michael: „Auf jeden Fall. Ohne Pferde wäre es für mich nicht mehr vorstellbar. Es ist eine ganz andere Beziehung zum Pferd.“ Da sind sich beide einig. Daniela fügt hinzu: „Manchmal passiert es aber auch, dass ich mir denke, jetzt geh ich nicht reiten, weil ich noch so viel anderes zu tun hab. Das wäre sicher anders, wenn ich meine Pferde in einem Reitstall stehen hätte und meine fixen Reitzeiten in der Woche eingeplant hätte. Die würd ich dann einhalten! So lass ich es halt manchmal auch bleiben, wenn was anderes zu tun ist. Oder es ist schönes Wetter und Sonntag Vormittag und du willst reiten gehen, schaust aus dem Fenster und alle deine Pferde liegen da und rasten. Dann will man sie ja auch nicht stören! Du bekommst das Leben der Pferde ganz anders mit und ordnest dich in gewissen Dingen auch unter. Ich würde sie nie mehr vom Essen wegholen! Weil ich halt eine Stunde später auch noch reiten gehen kann. Und manchmal macht man es halt auch gar nicht.“

Obwohl sie die Infrastruktur des Sax nützen dürfen, haben sie sich nun ein kleines Viereck gebaut, gehen viel ausreiten und machen viel Bodenarbeit. Durchlässige Pferde mit einem taktklaren Tölt beim Ausreiten, das ist ihr Ziel. Sie nehmen viel Rücksicht auf ihre Pferde. So ändern sie zum Beispiel ihre Reitpläne, wenn plötzlich ein anderes Pferd als das auserwählte zu erkennen gibt, dass es gerne mitgenommen werden würde. Dann satteln sie halt ganz spontan ein anderes zuerst. Sie nutzen den Moment. Wenn das Pferd sagt, „ich möchte jetzt!“. Ein Luxus, den man nicht hat, wenn man nur begrenzt Zeit hat.

„Trotzdem muss man realistisch sein.“, gibt Daniela zu bedenken. „Wenn man glaubt, dass man das reine Paradies für seine eigenen Pferde schaffen kann, dann irrt man sich. Oft ist man mit Reitställen unzufrieden, man beschwert sich über dieses oder jenes. Aber wenn man das selber alles schaffen möchte, was man sich so in seinen Träumen für seine Pferde vorstellt, dann wird man das nicht schaffen. Das beginnt beim Gatsch und endet bei der Fütterung. Da sind teilweise immense Investitionen notwendig.“ Hans-Michael ist aber trotzdem sehr zufrieden. „Ich freu mich immer, wenn etwas besser wird. In der Beratersprache gibt es den Begriff „continuous improvement“. Das ist ganz wichtig. Wir sind hier in einem continuous improvement process!“, lacht er …

… und dann gehen wir hinaus und ich darf die knuddeligen Isländer begrüßen, die mir sonst immer auf der Ovalbahn zuschauen … 🙂

 

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